Literatur

Sie grunzen freudig, einige springen sogar hoch

von Andy Strauß


Ratet mal wieviel Seiten
©opyright 2013 by Autor
establishmensch.de
Unsichtbar Verlag, Diedorf
unsichtbar-verlag.de
ISBN 978-3-942920-24-7



Alles muss man selber machen, zefix! Jetzt kriegen die heutzutage nicht mal mehr ein ordentliches Inhaltsverzeichnis auf die Reihe. Immerhin hat es der Unsichtbar Verlag geschafft, eine Nummerierung zu präsentieren. Bis 31 kann man also zählen, doch die dazugehörigen Seitenzahlen einzufügen ist dann wohl zu viel verlangt. Gar nicht mal so wenige Kurzgeschichten sind aber dermaßen abgefahren, dass ein wiederholtes Lesen fast an zwanghaftes Verhalten grenzt. Wie aber soll ich bitteschön, von was auch immer evtl. berauscht, diese freudig grunzenden Genialitäten ohne dazugehörige Seitenkoordinaten finden? Ja das ist vielleicht eine Blätterei eine verdammte!

Und ich bin noch nicht fertig. Denn vom "Lyrikappendix" ab S. 154 lese ich in der gschlamperten Aufzählung gar nix! Ein Skandal! Auch die letzten beiden, gar nicht mal so unpolitischen, Beiträge darf man spontan überrascht einfach so finden. Andererseits irgendwie nett und erinnert an die eine oder andere Schallplatte oder wie hießen die Silberscheiben nochmal ... ach ja, CDs. Mitunter gabs welche mit so Hidden Tracks. Längst eingeschlummert oder mit der Freundin beschäftigt, erschreckte man sich zu Tode, wenn nach 15 Minuten Knisterknister plötzlich doch noch was kam. Alles schön und gut, solange man nicht im Vollrausch suchen muss!

Also sah ich mich genötigt, das Inhaltverzeichnis zu vervollständigen. Sieht doch viel schöner aus, was? Außerdem habe ich somit wieder ein Unikat. Der Buchhalter hat nämlich vergessen, an relevanter Stelle das Werk mit seinem Stempel "Nicht verkäufliches Leseexemplar" zu bereichern.

 

Andersrum gedacht, könnte hinter dieser Reduktion eine Absicht stehen. Diese Art interaktive Bücher könnte Zukunft haben. E-Books sind pottlangweilig. Die Leute wollen wieder richtige Bücher in der Hand haben, Seiten umblättern ... und sie wollen sich aktiv an der Buchgestaltung einbringen. Dürfen wir demnächst eigene Überschriften erfinden, unvollständige Textstellen ergänzen oder gar halbfertige Geschichten zu Ende schreiben?

Zum Inhalt kann man im Prinzip sagen, dass man gar nichts sagen kann. Da es aber, nüchtern betrachtet, immer wieder die eine Leserin oder den anderen Leser gibt, die etwas mehr erfahren möchten, bevor sie sich endlich trauen, dem Mainstream abzuschwören, um zur Abwechslung mal etwas Solides in die Birne zu scannen, muss halt ich wieder ran, was mir beispielsweise in Sachen "Jazzhands" ganz besonders leicht fällt.

Auf sehr eindringliche, ja fast rührende Art und Weise nimmt sich der Autor der Drogenproblematik an und spricht sich ganz entschieden gegen jeden Drogenmissbrauch aus. Andererseits, man muss sie ja nicht gleich missbrauchen, wie ich meine, und es gibt sogar durchaus Situationen, in welchen ein gewisses Maß an Abstand zu den Dingen gar nicht mal so verkehrt ist. Zurück zur Tagesordnung: Vorher sollte man aber, besonders wenn man sich in Allgäuer Zirkuszelten aufhält, die zuständigen Ordnungskräfte auf die falsche Fährte locken ...

Brutal lustig auch die Sache mit Freund "Macmannemannonanonymous", der auf einem Dampfer Hochzeitsvorbereitungen trifft. Man muss sich aber erst in internationalen Gewässern befinden, um "einen halben Laib Käse zur Frau nehmen" zu dürfen ...

Überraschungen gibt es Zeile für Zeile, mitunter gleich seitenweise. Die größte ist vielleicht, dass es der Autor auf ganzen fünf Seiten schafft, eine waschechte unendliche Geschichte (Frauen im Kreis) unterzubringen!

Chicks werden so heiß, "dass das Brot vom Himmel fällt", Kamel "Wiegalds" Liebe wird mit einer "1a Höckermassage" mittels noppenverstärkter Klobrille erwidert, ein männliches Geschlechtsteil kann Leben retten, die Hupe einer Zwölf-Zylinder-Protzkarosse darf keinesfalls "mööp mööp" machen und Selbstbefriedigung vor einem Spiegelkabinett ist noch lange kein Gruppensex! (Endlich wurde ich von einem Kindheitstrauma erlöst!)

Mit einigen Bemerkungen hat Andy Strauß aber vielleicht zu viel über sich selbst verraten. Er schläft nämlich gerne. So gerne, dass ihm bereits in seiner Kindheit das Wissen um frühe Morgenstunden, insbesondere an Wochenenden, abhandengekommen ist. Auch schon am zeitigen Abend dünkt ihm der Wunsch nach jenem entrückten Zustand. Gerne gibt er deshalb etwas voreilig zu, dass er bei Lesungen gar keine solchen abhält, sondern lediglich im Schlaf spricht. Tja Leute, dann bleibt nur eins: Bei der nächsten Lesung sollten wir ihn wecken. Vielleicht grunzt er dann freudig und springt sogar hoch!

Kurzfassung für Nurfazitleser:

Leute, schmeißt eure Trips weg.
Andy Strauß.
Lesen!

 

Thomas Lawall - Februar 2014

 

 

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