Sauerteig

Sauerteig
Glück vermehrt sich in 4 Tagen


von Martina Goernemann


192 Seiten
© 2018 Deutsche Verlags-Anstalt
www.dva.de
ISBN 978-3-421-04095-4



Also gut, auf diesem Gebiet kennt sich der Rezensent ziemlich gut aus, jedenfalls was das Backen von Brot generell betrifft. Die Erfahrungen mit Sauerteig sind allerdings gleich null, denn als Backtriebmittel verwendete dieser, in den aktiven Zeiten der Vollversorgung seiner Familie mit Backwaren, stets eine Starterkultur aus Backferment.

Um so mehr ein Grund dafür, einen Blick über den Tellerrand zu wagen. Allein die Gestaltung des Buchtitels macht ja mehr als nur neugierig. Neben den abgebildeten Brotsorten, deren Qualität man fast zu riechen glaubt, fällt sofort der Blick auf die vier Schraubdeckelgläser. Das kommt einem dann doch sehr bekannt vor, denn der Sauerteig sieht offenbar genauso aus, wie der seit Jahr und Tag so geschätzte Backfermentteig!

Deshalb interessiert natürlich sofort die Herstellung desselben. Und da gibt es dann gleich etwas zu meckern, denn wenn man das Rezept für den "Starter" auf Seite 11 richtig versteht, wird am dritten bzw. am vierten Tag die Hälfte des zuvor angesetzten Teiges weggeworfen. Man hat ja zuvor insgesamt 420g Teig hergestellt, von welchem dann für die weitere Verarbeitung nur 200g gebraucht werden. Das ist seltsam. Alternativ könnten zwei Starter hergestellt werden, was andererseits für den Hausgebrauch dann wirklich zu viel wäre.

Egal, denn etwas eigene Kreativität kann man schon aufbringen. Es muss ja nicht gleich alles zu 100% funktionieren (was in den ersten Tagen und Wochen der "Versuchsreihen" mit Backferment nicht anders ist). Als Anfänger bräuchte man dann aber doch etwas genauere Angaben und vor allem: Rezepte.

Genau diese werden in diesem Buch aber etwas vernachlässigt. Könnte man meinen. Doch so will das Buch nicht verstanden werden. Auf ein reines Rezeptbuch möchte es dann lieber nicht reduziert werden. Eher als eine ausführliche und manchmal sogar recht ausschweifende Liebeserklärung an ein Backtriebmittel.

Martina Goernemann schreibt in diesem Zusammenhang von "Seelenfutter" und von ihrer wahrhaft emotionalen Auseinandersetzung mit dieser vermeintlich recht einfach strukturierten Masse aus Wasser und Mehl. Das mag in einigen Passagen etwas überzogen wirken, wenn die ersten Versuche mit den Ansätzen als ein "Machtkampf" beschrieben werden und wer denn wohl "der Chef an der Schüssel" sei.

Andererseits ist es in der Tat ein Erlebnis, zu beobachten, wie sich aus einfachsten Zutaten, mit Hilfe Legionen unsichtbarer Geister, auch Mikroorganismen genannt, ein lebendiger und völlig natürlicher Grundbaustein für jeden guten Brotteig entwickelt. Die Faszination hierfür zu wecken ist Sinn und Zweck des Buches. Ob man daraus eine himmelhochjauchzende Lebensphilosophie machen möchte, bleibt sicherlich jedem selbst überlassen.

Neben Menschen, die alle irgendwie mit dem Thema zu tun haben und ihre jeweiligen Sichtweisen perfektioniert haben, ist es vor allem der sich durch das gesamte Buch ziehende positive Grundton, welcher sehr gut gefällt. Überdies spielen die kongenialen Fotos von Barbera Simon eine zweite Hauptrolle. In Verbindung mit erstklassigem Layout, der Kunst, ein Buch zu drucken und einzubinden, liegt hier ein wunderbares, bildgewaltiges Werk vor, welches man immer wieder gerne zur Hand nimmt.

"Futter für die Seele"? Na gut, legen wir los ...

 

Thomas Lawall - April 2019

 

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