Literatur

Sachen machen
Was ich immer schon tun wollte


von Isabel Bogdan


224 Seiten
© 2012 by Rowohlt Verlag GmbH
www.rororo.de
http://isabelbogdan.de/
ISBN 978-3-499-62818-4



Mit allem hat sie gerechnet, aber nicht mit dem, was sie auf der "Beergarden Stage" erleben sollte. Dass Metalheads mit Selbstironie gesegnet sind, ist keinesfalls ein Gerücht. Ganz im Gegenteil, denn sie flippen regelrecht aus, wenn die "Wacken Firefighters" die Bühne im Sturm erobern. Wenn die Wackener Feuerwehrkapelle aufspielt, gibt es kein Halten mehr. Richtig gehört. Die headbangende, in schwarze Einheitsfetzen gehüllte Meute rastet beim "Kufsteinlied" oder beim "Zillertaler Hochzeitsmarsch" völlig aus. Wenn man es nicht selbst erlebt hat, hält man eine derartige Fusion schlicht für undenkbar.

Doch in Wacken ist alles möglich. Die 1800-Seelen-Gemeinde verwandelt sich an drei Tagen im August vollständig, wenn zum größten Heavy-Metal-Festival der Welt weit über 80.000 "Bekloppte" anreisen. Längst hat man sich mit der biersaufenden Meute arrangiert - das Dorf spielt mit. Die Autorin aber nur knappe zwei Tage und eine Nacht. Sie sollte es bereuen ...

Eine chinesische Massage dann eher auch. Auch wenn sich die Dialoge mit der Masseurin zunächst durchaus lustig gestalten. Doch wenn sie richtig zupackt, vergeht einem das Lachen. "Tu weh?"
"Sachentesterin" Isabel Bogdan stöhnt, während sich die Masseurin königlich zu amüsieren scheint: "Swei Tage Muskakata." Selbst den Po lässt sie nicht aus und auch an dieser Stelle angekommen, formuliert sie trocken: "Ni gut, imma sitze." Nach dem Einpacken in heiße Handtücher und verschiedenen Sprungeinlagen der chinesischen Dame auf dem Rücken der Autorin, bahnt sich endlich das Finale an. Danach sind es "eher vier als zwei Tage Muskakata".

Wenig inspirierend ist auch ein Essen in einer "Unsicht-Bar". Es soll also tatsächlich Lokalitäten geben, in welchen man in völliger Dunkelheit zu speisen gedenkt. Drehen die Stadtmenschen jetzt langsam durch? Was kommt noch alles? In die Oper gehen ohne Ton? Oder wie wäre es mit Unterwassergolf? Na ja, kommt vielleicht noch - zumindest gibt es "Indoor-Minigolf" bereits. Immerhin haben die unterschiedlichen Unternehmungen der Autorin auch Nützliches hervorgebracht. Einen Sportbootführerschein zum Beispiel ...

Isabel Bogdan macht Sachen. Frisch, locker und ohne tiefgründige Sackgassen erzählt sie von ihren Abenteuern. Von allem ein Häppchen, mal unverbindlich angetest. Die ideale Lektüre für zwischendurch, denn schwerverdaulich ist hier nichts. Selbst eine Schweineschlachtung beim Dorfmetzger nicht. Und in keinem Falle anstrengend. Jedenfalls solange man die ganzen Sachen nicht selbst machen muss ...

Der Klappentext versucht es auf den Punkt zu formulieren. "Und wenn Sie das alles gelesen haben, wollen Sie plötzlich selbst Sachen machen. Wetten?" Nö, will ich nicht. Ist mir viel zu anstrengend. Als auf dem Land Lebender brauche ich keine sinnlosen Lebenszeitausfüller. Land, Leute und Kinder füllen mich restlos aus. Für ebenso kinderlose wie gelangweilte Stadtmenschen kann "Sachen machen" aber durchaus ein knackiger Ratgeber sein, um eventuell vorhandene Lücken im schnöden Dasein mit reichlich Sinn- und Spaßmaterial randvoll zu füllen.

Viele Sachen kannte ich vorher gar nicht, ob es nun "Spinning", "Aqua Bouncing", Floating, Parakiting", "Water-Zorbing" oder "Slimyonik" ist. Ich kann auch nicht unbedingt behaupten, dass ich es ganauer wissen will, als im Buch beschrieben. SM-Parties schon gar nicht. Kein Bedarf. Nicht mal zum Kucken. Auch Musicals mag ich nicht, selbst wenn sie "Cats" heißen. Das ganze Drumherum liest sich allerdings richtig interessant. Und mit Humor ist die Autorin sowieso gesegnet. So beschreibt sie sehr treffend die hinlänglich bekannte Story von "Cats": "Es gibt fast keine."

Richtig lustig wird es, wenn ihr die Worte ausgehen. Das ist natürlich ein Spaß, denn das passiert an keiner Stelle. Falls doch, erfindet sie einfach neue. Nach welchen Kriterien sie beispielsweise Wein aussucht ist schwierig zu erklären. Einerseits hat sie die zwei Kategorien "lecker" und "nicht so lecker", aber das Auswahlkriterium "Etikett-Hübschheit" erklärt alles.
In "Die Stapellauf" (kein Schreibfehler) lernen wir, dass Schiffe grundsätzlich weiblich sind, auch wenn sie männliche Namen haben. Die Keiler zum Beispiel!
Auch ganz witzig ist ihre Erkenntnis, dass man als Erwachsener insgesamt zu wenig rutscht. Noch witziger ist aber der Lachanfall bei "Dr. Fish" ...
 
Wie schon gesagt, ich brauche das alles nicht. Hmja, aber um ehrlich zu sein - ein Trip nach Wacken würde mich dann doch irgendwie reizen. Darüber zu lesen macht absolut Laune, doch sich den ganzen Stress leibhaftig anzutun, dürfte noch eine Ecke spaßiger sein.

... und wie war das noch mit dem "Stand-up-Paddling" oder dem Gegenteil: Tauchen? Gleich nochmal nachlesen. Könnte mir gefallen. Und Bücher wie "Sachen machen" sowieso!

 

Thomas Lawall - September 2012

 

 

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