Regen
von Claire Beyer
256 Seiten © Frankfurter Verlagsanstalt GmbH, Frankfurt am Main 2024 www.fva.de ISBN 978-3-627-00321-0
Endlich mal ein "Kriminalroman", der leicht aus dem Rahmen fällt, wobei dies noch leicht untertrieben ist. Auf jeden Fall scheint er so gar nicht in die Masse der Angebote dieses Genres zu passen, wo man doch inzwischen längst einen Überblick verloren hat.
So wie die Hauptfigur Elisabeth Stiller-Henley, die den Überblick über ihr Leben verloren hat, weil dieses völlig aus den Fugen geraten ist. Deshalb befindet sie sich auf der Flucht, welche sich durch mehrere Faktoren begründet.
Vor ihrem Wagen werden auf einem Parkplatz während eines fürchterlichen Unwetters zwei Taschen von einer nicht zu erkennenden Person abgestellt, welche, aufgeschreckt durch das Signal eines Rettungswagens, überstürzt in einem Auto davonrast.
Es folgt eine lange Entscheidungsfindung, während der Platzregen kein Ende zu nehmen scheint und sich der Parkplatz schließlich leert. In Elisabeths Gedankenwelt mischen sich Dämonen ihrer Vergangenheit und ihre ganz spezielle Methode, Ordnung im Chaos wieder herzustellen.
"Das gehörte zum zweiten, zum leichten Universum, das sie sich erträumt und erdacht hatte, wenn die Schwere des ersten nicht mehr zu ertragen war."
Schließlich befehlen ihr "innere Stimmen", die beiden Koffer an sich zu nehmen, was bei Leserinnen und Lesern ein erstes großes Unbehagen auslöst. Es soll nicht das letzte sein, denn von nun an überschlagen sich die Ereignisse, da jene Herrschaften, denen die Koffer samt Inhalt gehören, diese um jeden Preis wiederbeschaffen wollen...
Währenddessen lässt ein Sturm einen Bach zu einem reißenden Strom anschwellen, der die Hälfte ihres Hauses mitreißt und somit unbewohnbar macht. Nun gibt es für sie kein Halten mehr. Sie flüchtet aber auch vor ihrem Mann, von dem sie sich unverstanden fühlt, und dessen größter Wunsch es scheint, auf einen Flügel zu warten, der seit seinem Umzug aus seiner Heimat in Montana verschollen zu sein scheint.
Ihre Großmutter, bei der sie aufgewachsen ist, konnte ihn von Anfang an nicht ausstehen, doch (auch) hier gestalten sich die Ereignisse zunehmend etwas seltsam, zumindest was ihre Erzählungen über Elisabeths Eltern betreffen... Claire Beyer erzählt eine merkwürdig undurchsichtige Geschichte, die sich in Teilen gut als Grundgerüst für einen Hollywood-Thriller eignen würde. Sie tut das in einer eher nüchtern wirkenden Sprache, die sich allerdings hin und wieder in große Momente verwandelt, um eine wahre Sturzflut an Bildern zu erzeugen.
Zudem erhöht sie die Spannung in kleinen Schritten, was die Nervosität von Leserinnen und Leser zunehmend ansteigen lässt. Es scheint sich alles ziemlich klar in eine Eskalation zu entwickeln. Das bewahrheitet sich auch, obwohl der Showdown dann etwas konstruiert wirkt.
"Unterhaltsam und humorvoll" soll sich dieser Roman gestalten, ja sogar eine "vergnügliche" Lektüre sein, wie man hier und da liest. Auch von einem "Kriminalfall" ist die Rede, obwohl doch die Autorin dies etwas anders sieht, da ihre Geschichte "alles hat, was ein Krimi braucht, ohne einer zu sein".
Wie dem auch sei, unspannend ist das auf gar keinen Fall, lässt aber trotz des spektakulären Showdowns einige Türen offen. Das gibt zu berechtigten Hoffnungen Anlass, dass es, im dann achten Band der sog. "R-Reihe", ein Wiedersehen mit der Hauptdarstellerin geben wird.
Wohl deshalb auch nach dem Ende ein entsprechender Hinweis der Autorin. Eigentlich ganz gute Aussichten, denn eine Figur wie Elisabeth Stiller-Henley möchte man in weiteren Episoden ihres Lebens gerne begleiten, zumal Claire Beyer selbst gerne wissen möchte, wie es mit Elisabeth weitergeht.
|