Literatur

Professor Schwurbelstein und
die Aluhüte des Grauens
Eine Abrechnung


von Paul Eduard Rück


320 Seiten
© 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln
www.luebbe.de
ISBN 978-3-404-61737-1



Wer sich einmal etwas genauer mit dem Thema Verschwörungstheorien beschäftigt, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Fast möchte man es nicht glauben, was sich Zeitgenossinnen und Zeitgenossen ausdenken und ausmalen, wohl um der Realität zu entfliehen. Eine andere Erklärung findet man zunächst nicht. Wobei Paul Eduard Rück lieber von Verschwörungsfantasien spricht, da "die Erschließung einer Theorie immerhin gewisse geistige Fähigkeiten voraussetzt".

Ob die ebenso gewaltigen wie unbegreiflichen Ausmaße des Weltalls Angst oder gar Panik auslösen können? Bedeutet die Großartigkeit dieses unendlichen Weltentheaters den einen Bewunderung und Glückseligkeit, den anderen aber Haltlosigkeit und Desorientierung? Wie sollte es anders möglich sein, wenn Menschen behaupten, Sonne und Mond seien gleich groß, und beide nur "etwa 4500 bis maximal 6000 Kilometer" von der Erde entfernt?

"Flacherdler" behaupten tatsächlich, die Erde sei eine Scheibe, mit dem Nordpol in der Mitte und der Antarktis als Schutzwall im Außenbereich. Schließlich soll ja niemand herunterfallen und die Ozeane nicht auslaufen. Was sich wie ein phantastischer Unsinn anhört, ist für diesen Personenkreis Wahrheit, denn wer glaubt schon den Ausführungen der "Lügenwissenschaft".

Ein gewisser Personenkreis scheint sich generell nur mit umgekehrten "Wahrheiten" zufrieden zu geben, also mit dem genauen Gegenteil wissenschaftlich erwiesener Tatsachen. Schon nach einem kleinen Teil der Lektüre verspürt man wenig Lust, sich weiter mit diesem Querdenkerunsinn zu beschäftigen, doch letztlich siegt die Neugier.

Mit dafür verantwortlich ist der extrem unterhaltsame Schreibstil des "Professors", dem es weder an Humor noch an herzerfrischend komischen Metaphern mangelt. Zweifellos zügelt er damit seine Wut und geht in diesem Zusammenhang juristischen Nachspielen aus dem Weg, indem er Schwurblerinnen und Schwurbler nicht mit strafbaren Kraftausdrücken, die sie zweifellos verdient hätten, belegt. Zudem sind Wortkreationen wie "Bildungsallergiker" oder "Hirnsparlampen" einfach lustiger und treffender sowieso.

Auch der esoterische Bereich hat bemerkenswertes zu bieten. Allein wegen des teils wirklich skurrilen Angebots an "Schwurbelapparaten" lohnt das Lesen dieser Kapitel. Die Homöopathie ist dann auch nicht mehr weit, jene "Luftgitarre der Medizin" und "perfekte Einstiegsdroge in die Welt wissenschaftsfeindlicher Esoterik"...

Richtig unangenehm wird es aber, wenn es in die rechte Richtung geht. Da gibt es dann gar nichts mehr zu lachen. Ebenso wenn jede Autorität des Staates nicht nur in Frage, sondern schlicht abgelehnt wird. Die sog. "Reichsbürger" lassen grüßen. Völlig am Rad drehen auch jene, die, im Rahmen selbsterfundener Therapien und Heilmethoden, tatsächlich zur Terpentinflasche greifen. Was man nicht für möglich hält, wird hier genauestens beschrieben, u. a. belegt durch entsprechende Bewertungen und Dosierungsanleitungen in einem großen Verkaufsportal des Internets.

Die "Parade der Peinlichkeiten", Verschwörungsmythen und "giftige Schwurbelgrütze" wird sich allem Anschein nach eher weiter verbreiten als eindämmen lassen. Dennoch liefert das Buch einen aktuellen Überblick über die Geschehnisse. Einkalkulieren muss man aber, dass sich anfängliches Schmunzeln leicht in Fassungslosigkeit verwandeln kann. Deshalb gibt der Autor am Ende des Buches auch seiner Hoffnung Ausdruck, dass niemand nach der Lektüre "bekloppt geworden" sei.

Ferner stellt "Paul-Eduard Rück" weitere Veröffentlichungen in Aussicht, die etwas ausführlicher zur Sache gehen. Gerne.

 

Thomas Lawall - August 2022

 

 

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