Pasta von Alfabeto bis Ziti Formen, Geschichten, Rezepte
von Rachel Roddy
352 Seiten © Verlag Antje Kunstmann GmbH, München 2023 © der Originalausgabe: Rachel Roody, 2019 www.kunstmann.de ISBN 978-3-95614-569-8
Wie man sich täuschen kann. Das spektakulär unspektakuläre Covermotiv sowie die komplette Gestaltung sind wenig ansprechend und machen somit auf den ersten Blick wenig neugierig auf Inhaltliches. Auf den zweiten Blick relativiert sich das etwas. Während andere Kochbücher mit Hochglanzmotiven locken, übt man sich hier in vornehmer Zurückhaltung. Das muss einen Grund haben. Und nicht nur einen...
Erst einmal ebenso bescheiden gibt sich die Autorin in ihren einleitenden Worten. Sie sei weder Italienerin noch eine ausgebildete Köchin. Statt dessen lobt sie "Lehrerinnen und Lehrer", die sie in ihrer Wahlheimat Italien kennenlernen durfte, welche Wesentliches zu ihrem Wissen über Pasta beigetragen haben. 16 Jahre "Studium" in Rom haben Spuren hinterlassen.
Über jene schreibt Rachel Roody und von der ersten Seite an wird es spannend. Originell ist ihre Idee, 50 Pastasorten alphabetisch zu sortieren, wobei Leserinnen und Leser sogleich erfahren, dass es im italienischen Alphabet nur 21 Buchstaben gibt. Ein kleiner Vorgeschmack auf die Fülle sachlicher Begleitinformationen, für die es separate Rubriken gibt, welche dann, das jeweilige Sachgebiet betreffend, mit "Ein paar Worte über..." beginnen.
Doch auch und besonders die vielen Geschichten rund um die jeweiligen Pastasorten, von denen es bis zu 500 Art gibt, laden erst einmal zum Lesen ein. Mit den eigentlichen Rezepten kann man sich ja auch noch später beschäftigen. Dies wiederum macht insofern Probleme, da man es spätestens auf Seite 28, bei dem Rezept für "Bigoli in salsa", mit ernsthaften Hungergefühlen zu tun bekommt. Jedenfalls ging es dem Rezensenten so, was dann für eine Zwangspause sorgte. Was für ein Glück, dass es gerade reichlich Tomaten im hauseigenen Garten gibt...
Tomaten sind natürlich das Stichwort. Und jene müssen natürlich frisch sein, aber, man höre und staune, es dürfen auch gerne welche aus der Dose sein. Sehr überraschend auch jene Passagen, die sich auf den Streit beziehen, ob man nun Spaghetti zerbrechen darf oder nicht. Auch völlig Unerwartetes taucht auf, denn wer hätte gedacht, dass Pasta auch mit Kartoffeln zu harmonieren scheint!
Selbst die einfachsten Rezepte finden Erwähnung. "Spaghetti al sugo (mit einfacher Tomaten Basilikum-Sauce)" dürfte die leichteste Art der Zubereitung darstellen, und bildet in diesem Buch, in einem besonderen Kapitel, den Auftakt zu einem ganz besonderen Speisezettel. Acht Tage lang gibt es Spaghetti mit Tomatensauce in sehr unterschiedlichen Variationen.
Auch geschichtliche Hintergründe finden Beachtung. Mit einiger Sicherheit stammen Nudeln ursprünglich aus China, während die getrocknete Pasta im arabischen Raum erfunden wurde. Wenn man nun überlegt, woher eigentlich Tomaten stammen, ist die Erkenntnis nicht weit, dass es sich bei simplen Nudeln mit Tomatensauce um ein wahrlich multikulturelles Ereignis handelt.
Auch wenn Rachel Roody "nur" eine begrenzte Anzahl Pasta vorstellen kann, sind doch einige exotische Sorten darunter, denn nicht jede/r hat schon einmal von"Orecchiette", "Scialatielli" oder "Maltagliati" gehört. "Pasta von Alfabeto bis Ziti" begeistert also nicht nur mit Fotos und Rezepten, sondern auch mit für ein Kochbuch ungewohnt umfangreichen, schriftlichen Anteilen. Diese "Gesamtrezeptur" unterscheidet sich also gravierend vom bilderbuchartigen Charakter vieler anderer Kochbücher. Was man schon immer über Pasta wissen wollte, bisher aber nie zu fragen wagte. Hier gibt es Antworten, die nicht nur gut unterhalten, sondern auch noch gut schmecken.
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