Ordentlich gemordet
von Harald Schneider
284 Seiten © 2021 Gmeiner-Verlag GmbH www.gmeiner-verlag.de ISBN 978-3-8392-0068-1
Bin, wie so oft, einfach mal reingeplatzt. Genauer gesagt, am (vorläufigen) Ende einer Serie, was ebenfalls nicht besonders neu ist. In diesem Fall liegt es jedoch etwas anders, denn die Reihe um Reiner Palzki, Kriminalhauptkommissar der Kriminalinspektion in Schifferstadt, umfasst mit "Ordentlich gemordet" nunmehr 21 Bände.
Auf den ersten Blick liest sich das Buch wie ein vermeintlicher Standardkrimi der regionalen Art. So nach und nach kristallisieren sich allerdings einige Besonderheiten heraus, die den Roman dann auf ein durchaus anderes Level heben.
Die Geschichte selbst ist schnell umrissen. Wie in einem Kriminalroman nicht anders zu erwarten, passieren einige Morde, die selbstverständlich aufgeklärt werden müssen. Dass diese ausgerechnet während der Ludwigshafener Fasnacht (Hinweis zur Rechtschreibung im Anhang) geschehen, mag die erste Besonderheit sein. Die nächste folgt sogleich, denn Ermittlungen gibt es, zumindest im üblichen Sinne, wenig bis gar keine. Eher so ein diffuses wie erfolgloses Tappen im Dunkeln.
Eine wesentlich größere Rolle spielen hier der Dauerzwist Palzkis mit seinem Vorgesetzten Klaus P. Diefenbach (Spitzname KPD), einem unausstehlichen Egomanen. Diese Passagen nehmen fast zu viel Raum ein, welche im krassen Gegensatz zu Schneiders brillanten Charakterisierungen stehen. Diese brachial-spitzfindigen Vorstellungen suchen ihresgleichen und dürften gerne weiter ausgebaut werden und auch zahlenmäßig eine weitaus größere Rolle spielen.
Um beispielsweise KPDs Charaktereigenschaften zu beschreiben, sowie die der Nebenfigur Gottfried Ackermann, der Sohn jener Nachbarin, die "schneller als ihr Schatten" spricht, muss der in Speyer geborene Autor gar neue Adjektive erfinden. Derart geistreich Pointiertes soll hier aber nicht verraten werden.
Das Ende der Geschichte selbstverständlich ebenfalls nicht. Dennoch muss zur Auflösung etwas gesagt werden, denn diese ist ebenso kurz wie völlig überraschend. Auch und besonders wie selbige sich darstellt. Obwohl der Kreis der Verdächtigen überschaubar ist, hätte mit diesem skurrilen Ende niemand gerechnet. Und erst recht nicht mit der zusätzlichen Schlusspointe.
Apropos, "Ordentlich gemordet" kann zudem mit weiteren Extras glänzen. Es gibt nicht nur ein Personenverzeichnis zu Beginn, sondern auch ein hochinteressantes "Making of" am Ende, welches u.a. "Echtrollen" (!) verrät, das Ergebnis einer Umfrage bezüglich der Orthografie des Begriffs "Fasnacht", die Offenlegung eines persönlichen Geheimnisses, ein Kochrezept, eine Übersicht der Ludwigshafener Karnevalsvereine und zwei Ratekrimis "Classic".
Für alle Freunde regionaler Kriminalromane eine echte Vollbedienung!
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