Okay, danke, ciao! Eine Geschichte über Freundschaft und Obdachlosigkeit
von Katja Hübner
192 Seiten © 2020 by Katja Hübner © 2020 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München www.heyne-hardcore.de ISBN 978-3-453-27292-7
Es sind diese Fragen, die auf jenen Weg führen, den Katja Hübner, Grafikerin in der Musikbranche, beschritten hat. Spontan kontrolliert. Und es sind nicht die falschen Fragen, die dazu führten. Soll man den Bestand an Überflüssigem weiter vergrößern? Wie viel braucht man noch? Weshalb "achtlos Geld ausgeben für Taxifahrten oder das zehnte Paar Schuhe?". Warum immer wieder nur zusehen, wenn da ein Mensch auf einer Wiese herumliegt, wie zurückgelassener Müll? Warum Essen wegwerfen, wenn andere verzweifelt danach suchen?
Marc, der Sohn einer Indonesierin und eines Deutschen, ist 27 Jahre alt. Er lebt auf einer Wiese im Hamburger Schanzenviertel. Seine Wohnung ist eine Parkbank. Bei Wind und Wetter, selbst bei strömendem Regen. Bis auf seine völlig verwahrloste Kleidung besitzt er nichts. Er passt sich nahtlos in das übliche Bild einer Großstadt ein, welches ohne obdachlose Menschen nicht auszukommen scheint. Und doch ist er irgendwie anders ...
Es ist doch tatsächlich so, dass man immer nur vorbeiläuft, und es gibt tausend Gründe dafür. Keine Zeit, keine Lust, Gleichgültigkeit und diese ewige Hetzerei sind nur einige davon. Was soll man auch sagen, die leben doch eh ihr eigenes Ding. Helfen kann man eh nicht und die wollen das doch auch vielleicht gar nicht, oder? Ja und Geld geben geht schon gar nicht. Die versaufen doch eh alles. Wahrscheinlich. Und überhaupt, sollen sich doch andere kümmern.
Katja Hübner ist so eine. Sie hat es getan. Ohne Vorbehalte und einfach so. Wie das kam und wie das, nach einem sprichwörtlichen Hürdenlauf, funktionieren konnte, schreibt sie in "Okay, danke, ciao!" Und sie tut es offen, klar und ohne literarische Füllspachtelmasse. Vorteil: Das versteht wirklich jeder. Da gibt es keine Schnörkel oder gar den Wink mit dem Zaunpfahl, so nach dem Motto "schaut her, wie fürsorglich und sozial ich bin". Auch der erhobene Zeigefinger fehlt gänzlich. Professor Thomas Bock, Leiter der Psychose-Ambulanz am UKE Hamburg, formuliert es auf den Punkt: "In ihrer Schilderung wird das Verrückt-Sein menschlich ...".
Ob dieses außergewöhnliche Büchlein nun eine Welle der Hilfsbereitschaft auslöst, wagt der Rezensent zu bezweifeln. Dennoch bewegt dieser präzise Blick hinter die Kulissen zutiefst. Wahllos reißt es Menschen in den Abgrund, mitunter ohne jedes eigene Verschulden. Wie das sein kann, wissen wir jetzt ... und eigentlich schon lange. Wie im Einzelfall geholfen werden kann, jetzt aber auch!
Wer in einem konkreten Fall helfen möchte, findet im Anhang des Buches, an das Nachwort von Prof. Thomas Bock, sowie einer anschließenden Fachworterklärung, ein Verzeichnis mit Adressen von Einrichtungen und Institutionen.
Wie lange es dauern wird, bis sich die gewohnten Stadtbilder ändern, bleibt abzuwarten. Das Buch ändert erst einmal nichts, sendet aber immerhin eine Menge positiver Signale. Wenn diese ankommen, und vielleicht sogar an den richtigen Stellen, wäre fürs erste sehr viel getan. Veränderungen in diese Richtung brauchen Fundamente, wie diese Geschichte. Mehr kann ein Buch nicht leisten.
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