Nostalgische Winkel in Bayern
von Dietmar Bruckner
192 Seiten © 2020 - Gmeiner Verlag GmbH www.gmeiner-verlag.de ISBN 978-3-8392-2743-5
Natürlich ist auch das Zeitungscafé in der Nürnberger Stadtbibliothek "vorübergehend geschlossen". Wenn aber eine Pandemie guten Seiten hat, dann ist es vielleicht der Faktor Zeit, der im Alltag der Normalität so oft zu fehlen scheint und plötzlich im Überfluss bereitsteht. Für die Vorbereitung künftiger Reisen zum Beispiel. Man freut sich wieder neu, auf liebgewordene Wege oder gänzlich neue Entdeckungen.
Eines davon mag jenes Café sein, benannt nach dem Nürnberger Schriftsteller Hermann Kesten, wo sich die ganz besondere Atmosphäre der einstigen Klosterschänke des ehemaligen Katharinenklosters genießen lässt. Und nicht nur das, denn gut lesen kann man dort, dank der großen Auswahl an Tageszeitungen, ebenfalls. Der Autor nutzt die Gelegenheit, seine ganz persönlichen Gründe für das Medium Zeitung ganz allgemein ausführlich darzulegen. Ein Wischerle hat er trotzdem, wenn auch für andere Zwecke:
"Ich wische, also bin ich."
Doch die Vorzüge einer Tageszeitung möchte er nicht missen. Er wettert gegen das "Facebook-Gewese, das Instagram-Getue, das Getwittere" und überhaupt die ganze "Netz-Diarrhö", die sich nicht die Mühe machen muss, redaktionelle Hürden zu überspringen.
Weitere potentielle Reiseziele werden in jeweils völlig andere textliche Rahmen gespannt, nicht selten mit einem klaren Anliegen des Autors verbunden. Beispielsweise mit jenem, Altbekanntes weniger Bekanntem gegenüberzustellen. So hat Augsburg nicht nur die "Ikonen der Phantasie", zu bewundern in der Augsburger Puppenkiste", zu bieten, sondern auch den Traditionsbetrieb "Korsetthaus Anita", der ganz zweifellos andere Phantasien bedient.
Diese Kontraste gibt es überall und vielleicht ganz besonders in Bayreuth, wo der Besuch des Festspielhauses und Wagners "Villa Wahnfried" zum Pflichtprogramm gehören. Die Kür bildet hier unter anderem das Reich des Herrn Li(e)bermann, ein bis unter die Decke vollgestopftes Antiquariat. "Kein Platz, sich umzudrehen."
Natürlich kann man auch ziellos die Gegend erkunden, doch Spontanität übersieht vielleicht allzu oft das Wesentliche. Somit weiß der unterhaltsame Streifzug durch "nostalgische Winkel" Bayerns, handverlesen durch den freien Journalist und Buchautor Dietmar Bruckner, der momentan zwangsverordneten Reiseabstinenz weitere positive Seiten abzugewinnen. Schön, sich jetzt in Ruhe einer genaueren Planung widmen zu können.
Egal, ob die in den Startlöchern Stehenden aus nah oder fern in den Freistaat anzureisen gedenken, oder ob sie altbekannte oder unbekannte Ziele im Visier haben; man kann sich zunächst mit Bayerns Kultur und Geschichte, in wohl dosierter Form versteht sich, informieren und orientieren. Hierbei streift der eine oder andere Rückblick die Grenze der Wehmütigkeit, doch selbstverständlich sind das "Erinnerungen mit Goldrand".
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