Literatur

Mein

von JL Butler


540 Seiten
© 2019 by Rowohlt Verlag GmbH
www.rororo.de
ISBN 978-3-499-29180-7



Wo bin ich denn da hineingeraten? Dachte, das wäre ein Psychothriller. So kann man sich irren. Was gar nicht mal so unspannend beginnt, entpuppt sich schnell als klischeebeladenes Beziehungsdrama von der Stange. Die achtfachen Lobzitate auf den Umschlagklappen klangen doch gleich etwas verdächtig.

Im Prinzip geht es um eine Frau, die einem Mann rettungslos verfallen zu sein scheint. Wie aufregend! Doch damit nicht genug, denn sie ist Rechtsanwältin und er ein erfolgreicher Banker. Doch Martin Joy ist nicht nur das, sondern auch noch der Mandant seiner Auserwählten. Wie lange es wohl noch funktioniert, Leserinnen und Leser für dumm zu verkaufen?

Schnell driftet die Obsession der, selbstverständlich jungen, Anwältin in die Rezeptur waschechter Seifenopern ab, spätestens wenn überaus schmierige Formulierungen wie rasende Herzen und explodierende Hitze auftauchen oder wenn Francine Day ein "kleiner Schauder des Behagens" entfährt und sich ihre Befindlichkeit im weiteren Verlauf in die "Hitze eines brennenden Begehrens" steigert.

Selbstverständlich wird vor Verlangen gestöhnt und die Beine breit gemacht, "um ihn zu empfangen". Fatalerweise überschreitet die Story nicht nur permanent den Rand der Lächerlichkeit, sondern Frau wird hier wieder, wie so oft, als verliebtes Dummchen dargestellt. Kontrollverlust durch männliche Anziehungskraft. Blamabel.

Geradezu paradox klingen Formulierungen wie "Das scharfe Brennen, mit dem mir das Seil in die Haut schnitt, nahm ich nicht mehr war", nur noch durch den peinlichen Übersetzungsfehler getoppt, der sich auf den Unterschied von "sexy Unterwäsche" und der etwas nachlässiger gestalteten Alltagsvariante bezieht: "Irgendwo muss man schließlich Abstriche machen."

Immerhin gibt es hier und da humoristische Einlagen. Der Zustand jener Handtasche zum Beispiel, die "nur noch einen energischen Zug am Reißverschluss vom Totalschaden entfernt" ist oder jener Gedankensequenz in der Londoner U-Bahn und den aussteigenden "Strom untoter Angestellter".

Trotz aller Kritik ist es jedoch kaum möglich, die Lektüre abzubrechen, denn man möchte einfach wissen, was es denn nun mit dem Verschwinden von Martin Joys Frau auf sich hat. Durchaus ein Pluspunkt, doch bis dahin sind leider eine ganze Menge Hürden, im Sinne von langweiligem Füllmaterial, zu überspringen.

Ob es sich am Ende gelohnt hat, diese Mühe auf sich zu nehmen, muss jede/r für sich selbst entscheiden.

 

Thomas Lawall - Juni 2019

 

 

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