Man ist ja Nachbar Ralf Prange nimmt an
von Andreas Altenburg
304 Seiten © 2021 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg www.rowohlt.de ISBN: 978-3-499-00671-5
"Moin Prange, hier is wat los, wa?" Es ist schon ein Kreuz mit den Nachbarn. Horst Ronde, der seit zwanzig Jahren im Rotklinkerbau in Barmbek-Süd wohnt, ist so einer. Kaum verlässt Ralf Prange seine Wohnung, öffnet sich wie durch Zauberhand auch die Wohnungstür des Nachbarn, der zweifelsohne den ganzen Tag am Türspion Wache schiebt.
Man regt sich nun zwangsläufig gemeinsam über den neuerlichen Stapel an Paketen auf, der wieder einmal fast den ganzen Hausflur blockiert. Zudem machen die Zusteller ausgerechnet jetzt ein Päuschen. Prange ist stinksauer, weil ihn die offen stehende Haustür zusätzlich in Rage treibt. Horst sieht das etwas entspannter: "Bei dir brodelt das schon wieder, wa, Prange?"
"Man ist ja Nachbar" ist gerammelt voll mit derlei Situationskomik, die Hand in Hand geht mit völlig belanglosen Dialogen, die einem, so oder anders, seltsam bekannt vorkommen.
Das Leben ist für viele ein anderes Wort für Langeweile. Diese muss man aber irgendwie überbrücken, um das alles irgendwie zu Ende zu bringen. Man erschafft sich eine Welt aus Banalitäten, um der Stupidität des Alltags wenigstens etwas an Abwechslung abzuringen. Andreas Altenburgs neues Buch ist voll davon.
Mitunter liest sich das allerdings etwas anstrengend, da er seinen Helden Ralf Prange, Mitte 50 und alleinstehend, den gutmütigen, aber (sich selbst) nervenden Zeitgenossen, etwas zu überzeichnen scheint. Die "Zustände" in der Mietergemeinschaft einfach und sachlich zu beanstanden gelingt Prange nur selten. Statt dessen reichert er die Missstände jeweils mit extrem ausschweifenden Geschichten aus seinem eigenen Leben an, und zieht so eine chaotische Übertreibung einer lösungsorientierten Handlungsweise vor.
Das kann sehr witzig sein, bringt Leserinnen und Leser aber permanent aus der Spur. Was einen aber immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkatapultiert ist wiederum die unvermeidliche Erkenntnis, solche Leute im eigenen Bekannten- und Freundeskreis zu wissen. Wer kennt sie nicht, diese endlosen Selbstdarsteller, die jedes Gespräch mit ihren ausufernden Monologen torpedieren und nicht in der Lage sind, auf andere Standpunkte auch nur halbwegs einzugehen!
Wie dem auch sei, wer die illustre Gesellschaft um Pranges "Paket-, Gerüchte- und Sorgenannahmestelle", zu welcher u. a. ein verzogenes Kind (nur wenn die Mutter dabei ist), die "Nazi-Oma", die "Elblette", der "Öko-Spießer" und sein Gatte, sowie Ilona die "Liebesdame" (mit separatem Eingang im Souterrain) kennenlernen und dabei herzhaft lachen möchte, wird hier fündig.
Pure Schadenfreude geht auch. "Da gibt es kein Vertun. Isso!"
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