Lexikon der verblüffenden Erkenntnisse
von Jürgen Brater
288 Seiten © S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2009 www.fischerverlage.de ISBN 978-3-596-18432-3
Eigentlich mag ich sie gar nicht, diese Nachschlagewerke, welche neben den rein sachlichen Kollegen ein Sammelsurium von allerlei Kuriositäten bieten. Deshalb liegt dieses Büchlein wohl auch schon seit 2010 auf dem nun bald zur Neige gehenden Stapel der ungelesenen Bücher. Zwangsläufig war es an der Reihe und siehe da, es konnte mich begeistern, um das Fazit einmal vorwegzunehmen.
Natürlich fehlen die üblichen Superlative nicht, was aber nicht bedeutet, dass sich Jürgen Brater mit einer reinen Aufzählung derselben begnügt! So bleiben der schwerste Mann der Welt mit seinen 635 kg Körpergewicht, ein Bleistift, der einen 56km langen Strich ziehen kann, ein 2400 Jahre alter Pilz oder 25g Botox, mit denen man die ganze Menschheit vernichten könnte, auf jener Liste in der Unterzahl.
Die Abteilung Wissenswertes und Erstaunliches beansprucht den größten Raum, und hier lernt der verblüffte Leser auf jeder Seite dazu. Gar nicht so selten ist man mit seinen bislang erworbenen Weisheiten auf dem Holzweg, denn oft ist das genaue Gegenteil richtig! So gefriert heißes Wasser schneller als kaltes, man kann Eiswürfel herstellen, ohne Wasser zu kühlen, ein Mädchen kann in Wirklichkeit gar keines sein, in einem Aufzug haben Menschen mit Platzangst keine Probleme, und jeder darf einen Verbrecher festnehmen.
Richtig interessant wird es zum Beispiel in Sachen Weltraumschrott. Künftigen Weltraumtouristen kann es durchaus passieren, von Handschuhen überholt zu werden, die ein Mitglied der Gemini-4-Besatzung einst verloren hat. Eine fünfstellige Anzahl von mehr oder weniger großen Teilen, vom Schraubenzieher bis zur ausgebrannten Raketenstufe, kann dem erstaunten Weltraumabenteurer begegnen. Ganz ungefährlich ist das nicht, wenn man bedenkt, dass diese Teile mit einer Geschwindigkeit von 20.000km pro Stunde unterwegs sind, was das über zehnfache der Geschwindigkeit einer Gewehrkugel beträgt!
Ganz reales Staunen lösen wiederum Tatsachen auf der Erde aus. Die Jahreszeiten begründen in einigen Gegenden extreme Temperaturunterschiede. Dass diese in Sibirien gemessen wurden, ist ebenfalls bekannt, doch einen Temperaturunterschied von 90 bis 95 Grad hatte der Rezensent nicht für möglich gehalten. Gemessen wurde das in Werchojansk, wobei es sich hierbei um "weniger heiße" Sommer, und "nicht ganz so kalte" Winter handelte. Der Rekord liegt im dreistelligen Bereich ...!
Schließlich lädt das Buch auch zur aktiven Mitarbeit ein. Verschiedene Versuche kann der Leser somit problemlos überprüfen, wie zum Beispiel die oben zitierte Herstellung von gefrorenem Wasser ohne Kühl- bzw. Gefrierschrank, der Reinigung von Kochplatten und -feldern mit Spinat und Rhabarber, Blutfleckentfernung mit Kopfschmerztabletten, oder dem Antrieb eines Ruderbootes ohne Ruder.
Am Ende des Studiums dieses ungewöhnlichen Lexikons ist man fast etwas überfordert mit all dem Wissen und den ganzen neuen Erkenntnissen, sowie mit der ganzen Fülle von korrigierten Irrtümern, an die man doch so viele Jahre geglaubt hatte. Allein deshalb ist das "Lexikon der verblüffenden Erkenntnisse" eines jener Bücher, die gerne am Nachttisch liegenbleiben und immer wieder gerne durchstöbert werden wollen.
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