Literatur

Kugel ins Hirn
Lügen, Hass und Hetze im Netz bedrohen die Gesellschaft
Unterwegs mit Strafverfolgern


von Klaus Scherer


222 Seiten
© 2022 Droemer Verlag
www.droemer.de
ISBN 978-3-426-27891-8



Das Gesetz gegen Hass im Netz scheint Wirkung zu zeigen. Was man wegen der täglichen Nachrichtenflut nicht unbedingt mitbekommt, schildert der Journalist und Sachbuchautor Klaus Scherer bis ins Detail. Und diese sind zunächst einmal erschreckend.

Wer sich im Netz etwas genauer umschaut, weiß was Sache ist. Wie Menschen verbal miteinander umgehen. Was früher an den Stammtischen der Nation lautstark debattiert wurde, findet heute im Internet statt. Der Rahmen ist aber ungleich größer geworden und der Umgangston läuft mehr und mehr aus dem Ruder.

Hass gegen alles und jeden, insbesondere natürlich Regierung und deren Organe, wobei Kritik gegen die Obrigkeit nichts Neues ist. Dass diese aber längst, zumindest verbal, eskaliert, ist neu. Ebenso die traurige Tatsache, dass Mordaufrufe bekanntlich bereits in die Tat umgesetzt wurden. Hass gegen Frauen erreicht ebenfalls neue Dimensionen, wenn beispielsweise "genüsslich Mord und Vergewaltigung in Tateinheit" bildliche Darstellungen erfahren.

Um so notwendiger und wichtiger erscheint es, dass Politik, Polizei, Verfassungsschutz und LKA endlich handeln, um Lügen, Hass und Hetze im Netz nicht länger zu verharmlosen oder gar zu ignorieren. Die Politik hat entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht, wobei es im Einzelnen dann doch verwundert, wenn beispielsweise skandalöse Bildmontagen offenbar ohne größere Folgen bleiben.

Dazu gehören die Abbildung eines Davidsterns mit der Aufschrift "Nicht geimpft", acht amtierende Regierungsmitglieder, die in die Anklagebänke des Nürnberger Kriegsverbrechertribunals montiert wurden, sowie das Bild von fünfzehn Regierungsmitgliedern bei der Amtsvereidigung, unterlegt mit der Textzeile: "Einen größeren Abschaum gab es noch nie in Deutschland!"

Die Staatsanwaltschaft sah es nur im letzten Fall als gegeben, einen Strafbefehl wegen Beleidigung zu beantragen. Dies allerdings nur, weil lediglich eine der abgebildeten Politikerinnen und Politiker einen entsprechenden Strafantrag stellte. Wobei es hier offenbar nur um die Verbreitung dieses Bildes geht. An die Urheber solcher Machwerke käme man in aller Regel nicht heran.

Folgerichtig erscheint die Frage, die der Autor in einem Interview mit Generalstaatsanwalt Brauer stellte. Ob es eine glaubwürdige Politik sei, "wenn Abgeordnete zuerst die effizientere Strafverfolgung von Hetze im Netz für dringlich erklären, dann aber sagen, sobald sie selbst die Betroffenen sind: Na ja, für mich müsst ihr das aber jetzt nicht anwenden." Im Fall einer massiven Beleidigung, die sich gegen Wolfgang Schäuble richtete, absolut unverständlich.

In diesem Zusammenhang belehrt uns Klaus Scherer über die Bedeutung des Konjunktivs, den er "quasi neu kennenlernte", denn selbst wenn es sich ganz offensichtlich um Hetze handeln würde, fehle der Justiz meist der "sogenannte auffordernde Charakter".

Somit bleibt ihm nichts anderes übrig, als Misserfolge und Erfolge in der Rechtsprechung gegenüber zu stellen, wobei sich letztere immer mehr summieren. So nennt er das letzte Kapitel "Justiz in Bewegung" und benennt Ergebnisse und Urteile, informiert über laufende Verfahren, immer mehr Erfolge und seien es nur Signalwirkungen, die allesamt auf eines hinauslaufen, der Mär des Internets als rechtsfreiem Raum entschieden(er) entgegen zu treten.

 

Thomas Lawall - Januar 2023

 

 

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