Im grausamen Licht der Sonne
von Nalini Singh
448 Seiten © 2019 Nalini Singh © 2020 der deutschsprachigen Ausgabe Knaur Verlag www.knaur.de ISBN 978-3-426-22716-9
Anahera Spencer-Ashby ist auf dem Weg in ihre Heimat. Ziel ist die Kleinstadt Golden Cove. Einst hat sie ihre Heimat an der Westküste Neuseelands verlassen, um ihr Glück anderswo zu suchen. In Richtung Inland unterwegs, lässt sie ihr Jeep im Stich. An ein Weiterkommen ist nicht zu denken. Und schon begegnen wir einem jener Widersprüche der Geschichte, die sich in anderen Passagen wiederholen werden.
Früher hätte sie keine Bedenken gehabt, in der Wildnis einfach auszusteigen, um per Anhalter weiterzukommen. Erst die "große weite Welt" hätte sie gelehrt, Vorsicht walten zu lassen. Damals wäre die Landschaft "sicher" gewesen, zumal sie alle Menschen in der Gegend gekannt habe. Später erzählt uns Nalini Singh das genaue Gegenteil. Schließlich ging Ana nicht ohne Grund ...
Wie dem auch sei: Anahera "fährt in die Vergangenheit". Viel hat sich in dem verschlafenen Städtchen nicht getan. Erst als die junge Miriama Hinewai Tutaia spurlos verschwindet, kommt Bewegung in den vermeintlichen Stillstand am Ende der Welt. Erinnerungen an drei verschwundene Touristinnen werden wach. Man fand damals einige wenige Gegenstände aus dem Besitz der Frauen, weitere Hinweise auf ihren Verbleib aber nie.
Die Suche gestaltet sich ebenso schwierig und langwierig, wie sich die Autorin Zeit nimmt, diese zu beschreiben und ins schier Endlose zu dehnen. Immerhin scheint ihr dieser Kunstgriff dazu geeignet zu sein, eine ganze Reihe Bewohner der Stadt vorzustellen, indem sie jene an der verzweifelten Suche nach dem Mädchen teilhaben lässt.
Deshalb ist es nicht selten mühsam, den Überblick über die jeweiligen "Vorstellungsrunden" zu behalten. Im Gegensatz zu einem gewissen Leerlauf stehen dann Singhs Beschreibungen von Landschaft und Tageszeiten, die zu den Höhepunkten des Buches gehören. Einen Sonnenaufgang zu erleben, muss, selbst in Neuseeland, nicht unbedingt ein großartiges Erlebnis bedeuten. Schon gar nicht, wenn er "mit derselben wütenden Schönheit »Heimat« schrie, mit der er von den Toten flüsterte".
Auch vom nahen Ozean, der "mehr Seelen als der Teufel auf dem Gewissen hatte", weiß sie wenig Gutes zu berichten. Und so scheinen sich immer mehr dunkle Wolken über dem Geschehen in jener Stadt zu sammeln. Schließlich geht es nicht nur um das aktuell verschwundene Mädchen, sondern auch um die dunkle Vergangenheit des Polizisten Will und jene von Ana selbst ...
Düsteres Kammerspiel vor grandioser Landschaftskulisse. Mehr Beziehungsdrama als Thriller, was sich jedoch am Ende radikal ändert.
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