Literatur

Ich würd lieber fliegen

von Simon Elsholz


120 Seiten
© schruf & stipetic 2025
www.schruf-stipetic.de
ISBN 978-3-944359-84-7



Bücher aus dem Verlag schruf & stipetic sind etwas ganz Besonderes. So auch das zehnte Exemplar, welches mir überlassen wurde. Und doch unterscheidet es sich von allen anderen, womit auch die übervollen Regale hinter mir gemeint sind.

Selten, dass nicht nur jede Zeile gefällt, sondern ebenso überrascht wie Altbekanntes erzählt, was nur ein scheinbarer Widerspruch ist. Noch seltener ist die Erkenntnis, in den Worten des Autors so etwas wie deutliche Spuren eigener Gedankenwelten zu entdecken. Jene Straßen, die jetzt leer sind, dort, wo nur noch Erinnerungen herumgeistern.

Ich denke so, rede so und lebe so. Naja, damals zumindest. Als ich vor lauter Leben das Aufschreiben vergessen habe. Simon Elsholz hat das für mich nachgeholt, und reiht sich zudem damit in die Liste meiner Lieblings-Autorinnen und -Autoren ein, die u.a. in einem Verlag veröffentlicht haben, der sich leider längst "unsichtbar" gemacht hat.

Authentisch meist, wenn auch etwas ausgemalt, erzählt der Autor Bilder, die dem schnöden Alltag in Berlin wahllos entnommen wurden. Leider hält ja das Glück, an ständig wechselnden Haltestellen, jeweils nur kurz an,

"... und wenn man es endlich erreicht, dann wartet es schon wieder ganz woanders."

Man fährt, mit Öffis, Taxis oder Mietwagen, irgendwohin, warum, wieso und wofür ist egal, immer auf der Suche nach keine Ahnung. Hauptsache, man lebt für den Moment, wobei Simon Elsholz selbst hier noch deutliche Fragezeichen positioniert.

"Wer lebt schon im Hier und Jetzt? Das Hier und Jetzt fühlt sich nur in ganz wenigen Momenten gut an."

Sagt jedenfalls die Dame, die es sich mit etwas Schönem zum Rauchen auf dem "Fünf-Euro-Fake-Perserteppich von Temu" gemütlich gemacht hat.

"Und meistens wird es erst richtig gut, wenn man darauf zurückblickt, und dann sind wir wieder bei der Vergangenheit und nicht im Hier und Jetzt."

Fußball mit Freunden, mehr oder weniger desinteressiert, schauen, irgendwie mit irgendwem auf einer Party landen, ständig aneinander vorbeireden und Hauptsache irgendwo etwas trinken gehen.

Was für ein irres Buch. Es ist, wie das Leben selbst, leider nur etwas zu kurz. Aber na ja, es sind ja auch "Kurz"geschichten. Spaß beiseite, denn authentischer geht es nicht mehr.

Was wiederum nicht heißt, dass selbiger zu kurz kommt. Den Beweis liefert beispielsweise "Call Me Maybe". Hier dreht es sich um die Folgen einer zünftigen Partie Billard. Genauer gesagt, um ein gewisses Zettelchen. Letztendlich dann eigentlich wieder nicht zum Lachen, denn hier lauert an jeder Ecke die Ambivalenz.
 
Für diejenigen, die sich mit sprunghaft angelegten Kapiteln, ohne banal ausgetretene und konstruierte Zusammenhänge, und die sich ohne die geringste gerade Linie nur jeweils um sich selbst drehen, schwer tun, ist das Buch nicht geeignet.
 
Wer sein Leseglück, so wie das Glück im wahren Leben, zwischen den Stühlen sucht, und wem die Bestsellerlisten sonstwo vorbei gehen, kann bedenkenlos zugreifen.

Alle Leserinnen und Leser, die zwischen Hier und Jetzt, vorgestern und übermorgen leben, ist das Buch ein wahres Fest. Ein dicht bepacktes Konzentrat aus purem Leben.

 

Thomas Lawall - August 2025

 

 

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