Ich habe eine Axt Urlaub in den Misantropen
von Patrick Salmen
224 Seiten © 2014 Knaur Taschenbuch www.knaur.de ISBN 978-3-426-51558-7
Trennungen sind ja heute kein Problem mehr. Man schickt einfach 'ne SMS, mit höchstens drei Worten, und schon ist die große Liebe abgesägt. Aus und vorbei. Man hat eh während der ganzen Beziehung kaum mehr als zehn Worte gewechselt. Patrick Salmen sieht es nicht nur anders, sondern macht es sogar. Wie in der guten alten Zeit. Mit einem richtigen Brief. Das sind so weiße Blätter mit handgeschriebenen Worten darauf. Das Erstaunlichste daran ist, dass bereits der erste Satz aus nicht unwesentlich mehr als drei Wörtern besteht!
Sogar eine persönliche Anrede gibt es. Na gut, der Inhalt mag dramatisch erscheinen, aber er ist zumindest erfreulich ehrlich. Für die Sandra allerdings weniger erfreulich, denn sie darf sich mit dem Erhalt dieses Schreibens offiziell als verlassen betrachten! Tja, so kommt es halt, wenn man Männern ans Eingemachte geht. Oder gar an den Bart. Jedenfalls jene zu ändern versucht, die ihren Bart dringend als "eine Art Mikrowellenabdeckhaube" benötigen, oder jene, die ihn schon als Kind hatten ...
Patrick Salmen hat den Schalk im Nacken. Notgedrungen, denn was bleibt ihm übrig? Schließlich verbrachte er vier Jahre seines Lebens (selbst) eingeschlossen in einem Keller, seine Freundin wohnt in einem Spülbecken, er hat seinen Beruf verfehlt, da er viel lieber Flugsaurierforscher geworden wäre, hält Universitäten für "genetische Zuchtlager von Eugenikern" und hat eine panische Angst vor langen Enten.
Deshalb braucht der Mann auch eine Axt im Keller. Nein, ich glaube nicht, dass der Autor ein Problem hat. Eher viele. Aber hochintelligent ist er, denn immerhin zeichnet er sich als Besitzer von immerhin drei Lieblingssätzen. Für die heutige Zeit ist das verdammt viel. Zudem ist er Erfinder der "Nichtigkeitsskala", und wenn ihn das nicht berühmt machen wird, dann allerspätestens seine philosophischen Betrachtungen.
Als er bereits in frühester Kindheit als "amtierender Leiter im Gießkannendienst" mit den wirklich wichtigen Aufgaben des Lebens vertraut gemacht wurde, begann in ihm die Macht der allumfassenden Erkenntnis zu reifen. Während Generationen von Dichtern und Denkern an existenziellen Fragenbergen scheiterten, kümmert das den Axtbesitzer einen feuchten Kehricht. Selbst die vermeintlich fatale Erkenntnis der eigenen Endlichkeit vermag Patrick Salmen nicht aus der Bahn zu werfen. Die Lösung ist ebenso schlicht wie einfach: "Der Tod ist nebensächlich. Hauptsache Gaudi".
Somit würde auch jeder verzweifeln, der eine halbwegs brauchbare Kernaussage dieses Werkes zu entdecken sich auf den Weg gemacht hat. Deshalb versuche ich es erst gar nicht und setze das schräge Wunderwerk neudeutscher Erzählkunst in stiller Bewunderung auf Platz eins der QUERBLATT-Buch-Charts im August.
Und jetzt gehe ich mir ein Brett kaufen. "Kannste nicht reingucken. Machste nix, guckste bloß."
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