Literatur

Höllenqualen

von Juliane Göttinger


336 Seiten
© Sutton Verlag, 2013
www.suttonverlag.de
ISBN 978-3-95400-134-7



Wenn sich das Diensthandy um kurz nach sechs Uhr mit "Spiel mir das Lied vom Tod" meldet, kann das nichts Gutes bedeuten. Ganz im Gegenteil, denn es "bedeutet Katastrophe, und der Tag ist gelaufen". Hauptkommissarin Eva Engel hat es bis zum KK 11 Duisburg geschafft, wo sie als Leiterin des Kriminalkommissariats für Todesermittlungen, Brand, Waffen und Sprengstoff zuständig ist. Ihre privaten Probleme stehen ihr inzwischen bis zum Hals, doch ihre Position duldet keinen Schongang.

In Dinslaken wurde in der Nähe eines Ausflugslokales eine Leiche gefunden. Der Anblick der Leiche führt zunächst in die falsche Richtung. Sie wurde erwürgt, doch dem Täter genügte dies offenbar nicht, weshalb er ihr post mortem weitere Verletzungen zufügte. Die Wirtin der Gaststätte zeigt nicht gerade Verständnis für die polizeilichen Ermittlungen, da sie mit den Vorbereitungen für eine Hochzeitsfeier beschäftigt ist. Olli, der Bräutigam, feierte am Vorabend seinen Junggesellenabschied. Eine Stripperin lockerte die Atmosphäre mit entsprechenden Darbietungen auf, doch gegen Mitternacht setzte die Wirtin dem bunten Treiben ein Ende, indem sie die Dame hinauswarf.

Der auf dem Parkplatz abgestellte Wagen entpuppt sich als Eigentum der Ermordeten. Sara Ehrmann arbeitete als Stripperin in einer Bar. Der von ihrer Chefin vermittelte Auftritt auf dem Junggesellenabend sollte nicht mehr als ein willkommener Nebenjob sein. Nach dem Rauswurf gab es noch eine unschöne Begegnung auf der Damentoilette, als ein Betrunkener eindeutige Angebote machte. Sara wusste sich aber auf eine recht rustikale Art und Weise zu helfen und verließ die Lokalität ungeschoren. Die Entscheidung, sich umzuziehen, um zu später Stunde noch einen Waldlauf zu unternehmen, erwies sich aber als falsch ...

Eva Engel ist in ihrem Element. Sie hat Blut geleckt. Während sie die Habseligkeiten des Opfers in ihrem Wagen untersucht, klingelt ihr Handy. Es ist Anne, ihre Lebensgefährtin, mit welcher sie gerade einen Kurzurlaub verbracht hat. Doch der Alltag hat sie wieder voll im Griff - selbst eine Liebesbezeugung übergeht sie im Eifer des Gefechts. Ihre Realitäten haben sie wieder eingeholt. Für ihre Tochter, ihre Lebensgefährtin und für sich selbst bleibt wieder keine Zeit. So gerne würde sie jetzt Anne im Arm halten und "die Liebe festhalten, die versucht, sich davonzuschleichen ...

"Höllenqualen" ist wieder ein Kriminalroman aus dem Hause Sutton, der auf seine ganz spezielle Art zu überraschen weiß. Juliane Göttinger wählt nicht die geradlinige Art der Erzählung, sondern verpackt ihre Geschichte in eine verschachtelte Struktur. Diese überfordert Leserinnen und Leser aber zu keiner Zeit. Auch die eine oder andere Rückblende dient nur einem einzigen Zweck - dem Spannungsaufbau. Großen Wert legt Juliane Göttinger auf die Gestaltung der Dialoge. Oft steht nicht das Gesprochene im Vordergrund, sondern das Ungesagte!

Die atmosphärische Dichte unterscheidet den Krimi deutlich von anderen - der vermeintlich selbstironische Querverweis auf "seichte Regionalkrimis, die zuhauf in den Buchhandlungen herumliegen" führt somit ins Leere, denn geringen Tiefgang gibt es in diesem Roman nicht zu verzeichnen. Dafür sorgt allein ein ganzes Arsenal von Verdächtigen und den damit verbundenen Irrwegen, die allesamt in eine Sackgasse führen.

Zudem gewährt uns die Autorin ebenso pikante wie dramatische Einblicke in das private Beziehungsgeflecht der Hauptkommissarin, welches sich fast komplexer gestaltet, als die Aufklärung des Falles. Die Problematik, Privatleben und Karriere auf einen Nenner zu bringen, spielt neben der eigentlichen Haupthandlung ebenfalls eine tragende Rolle. Die sehr lebendig gestalteten Charaktere schaffen eine perfekte Illusion auf Leinwandgröße. Ein gnadenloses Ende ist garantiert und mündet in ein Nachspiel der besonderen Art. "Höllenqualen" ist kein Krimi von der Stange, sondern definiert eine eigene Liga.

 

Thomas Lawall - September 2013

 

 

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