Herr Weber auf Safari
von Andreas Weber
160 Seiten ©opyright 2013 by Autor www.unsichtbar-verlag.de ISBN 978-3-942920-28-5
Er ist 39 Jahre alt und hat natürlich längst eine eigene Waschmaschine. Mutter interessiert das wenig. Sonntags hat er gefälligst seine Sachen zu packen und mitsamt der Dreckwäsche den Zug ins 150km entfernte Köln zu nehmen. Auch seine schmutzigen Schlüpfer darf er jeweils nicht vergessen, obwohl die eigentlich Shorts heißen. Kaum zu Hause angekommen, geht es mit den Vorwürfen los. Immer nach dem gleichen Schema. "Hallo Junge, du bist spät. Putz dir die Schuhe ab", lautet die Einleitung und setzt sich mit Kritik an seinem Umgang mit "schmutzigen, ausgeflippten Mädchen" und seinen mangelhaften Tischmanieren fort ...
Martin ist auch so ein komischer Kauz. Er mag Wasserleichen und er kommt sogar in einer Geschichte vor, obwohl er gar nichts mit selbiger zu tun hat. Das muss man erst mal schaffen. Schlimmer noch sind Erinnerungen an die Armada der Verflossenen und deren letzte Grußbotschaften. Manche wollten sich gar etwas antun, manche schafften es sogar und eine brachte es fertig, sich vor ihrem zweiten Ableben noch einmal zu melden ...
Merkwürdig sind auch jene Nachbarn, die sich Bilder von Hasen in eindeutiger Position an die Wand hängen, einen Flatsreen besitzen aber "nichts zu Fressen im Haus" und mit Plakafarbe Fischstäbchen an die Wand malen. Doch für alles gibt es ein Gegenmittel. In diesem Fall Plastikhummer und falscher Stuck.
Ferner erfahren wir, warum man mit einem Loch aus Schnaps kein Fernsehen schauen kann, was sich die "Pferde-Gabi" auf die Brustwarzen klebt und wieso das Wort Katze sieben Buchstaben hat. Sehr lustig kann sich auch eine Bestellorgie per Teleshopping mit einer liebreizenden Callcenter-Dame gestalten, besonders wenn sie Französin ist und "Chantal Provence" heißt.
"Üppiges und Groteskes" wird versprochen und ebensolches findet man in dem Büchlein satt. Herr Weber schreibt sich die Seele vom Leib, indem er seinem (teils autobiografischen) Frust Flügel verleiht. Er hebt den grauen Alltag und die verlogenen Mechanismen auf eine imaginäre Bühne, um sie einerseits zu verdeutlichen und zu unterstreichen, andererseits führt er sie und sich selbst durch die Kunst der Übertreibung ad absurdum.
Was das bringen mag, könnte man einwenden. Man kann es aber auch lassen und sich an den zahlreichen Anekdoten erfreuen, wobei man nicht selten mit einem Auge weint und mit dem anderen Tränen lacht. Anders ist das in Absurdistan eh nicht zu ertragen und wenn der Herr Weber nicht schreiben könnte, wäre er garantiert eine in billige Turnschuhe und Polyacryl gekleidete, unberechenbare Gefahr für die gesamte Menschheit (wenn er gerade mal nicht wieder diverse Treppen herunterfällt.) Dann lieber schreiben. Mir und den anderen Irren sehr zur Freude!
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