Literatur

Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen

von Ito Ogawa


272 Seiten
Deutsche Erstausgabe April 2025
© 2016 Ito Ogawa
© 2025 der deutschsprachigen Ausgabe Droemer Verlag
www.droemer-knaur.de
ISBN 978-3-426-56101-0



So langsam laufen die Bestellungen in Hatokos Schreibwarenladen an. Sie kehrte in ihren Heimatort Kamakura zurück, um den Laden ihrer Familie, nach dem Tod ihrer Großmutter, zu übernehmen.

In der Ich-Form erzählt sie in einfacher Form, wie sie in den Alltag ihres neuen Lebensmittelpunktes hineinwächst, was sich mitunter nicht ganz unkompliziert gestaltet. Immerhin steigt die Zahl ihrer Kundinnen und Kunden stetig an, was sehr viel mit gegenseitigem Vertrauen zu tun hat.

Der gute Ruf ihrer Großmutter, die sie stets als "Vorgängerin" bezeichnet, bildet hierbei eine Grundlage, da es neben dem eher konservativen Sortiment keinerlei Werbung für weitergehende Dienste gibt. Das Angebot besonderer Schreibangebote hat sich dennoch nachhaltig herumgesprochen.

Ito Ogawas unspektakulärer Schreibstil bildet zunächst eine gewisse Barriere, insbesondere wenn allzu Alltägliches, wie beispielsweise Nahrungsaufnahme, Körperpflege, das Aufhängen von Wäsche oder die ständige Zubereitung von Tee sowie der Besuch zahlreicher Schreine, thematisiert wird und dann doch eher langweilt.

Zudem ist eine Nähe zur Hauptdarstellerin ebenfalls kaum möglich, was sich im Laufe des Romans nur leicht ändert. Hatokos Figur definiert sich eher durch das, was sie tut und durch das, was sie schreibt, vor allem aber WIE sie es schreibt!

Spätestens mit ihrem ersten Auftrag beginnt für Leserinnen und Leser eine faszinierende Reise rund um das Thema Kalligrafie, insbesondere was das damit verbundene Regelwerk betrifft.

Selbstverständlich sind Texte zu Anlässen wie Familienfeiern oder Beileidsbekundungen höchst unterschiedlich zu formulieren, aber die Wahl des Papiers, der Umschläge oder Tinte spielen ebenfalls Hauptrollen. Selbst die Persönlichkeit der Absender/innen sollte sich in der Wahl des Schriftgrades und des Schriftbildes spiegeln.

Jene Ausführungen sind höchst interessant, wiederholen sich aber oft und sind in grammatikalischen Details teilweise zu speziell, um wirklich vollständig verstanden zu werden. Neben den Übersetzungen einiger Briefe kann man immerhin die jeweiligen japanischen "Originale" bewundern.

Vordergründig besteht der Roman also aus Hatokos Alltag und ihrer Arbeit im Laden. Allerdings gibt ihr familiärer Hintergrund gleich zu Beginn einige Rätsel auf, die zudem ein gewisses Konfliktpotential andeuten. 

Den harmonischen Tagesverlauf durchbricht dann ein Ereignis, welches zunächst gar keine besondere Wirkung auslöst. Leser/innen mögen mit Unverständnis reagieren, wenn das Tagesgeschäft, wieder ohne jede Spannungskurve, weiter vor sich hin zu dümpeln scheint. Doch Hatoko wird reagieren...

"Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen" ist eine Liebeserklärung an das handgeschriebene Wort, und wächst am Ende weit darüber hinaus.

 

Thomas Lawall - Juli 2025

 

 

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