Gottlos glücklich
von Philipp Möller
320 Seiten © 2017 S. Fischer Verlag GmbH www.fischerverlage.de ISBN 978-3-596-29880-8
Ein Buch wie ein Paukenschlag. Wer bis heute gedacht hat, dass die Kirche ihre gigantischen Einnahmen größtenteils für einen guten Zweck verwendet und einsetzt, wird nun endgültig eines Besseren belehrt. Dank des vorlaut-bodenständigen Schreibstils des Autors dürfte dieser Skandal nun auch einem Publikum zugänglich sein, welches zur Materie bisher vielleicht nur wenig oder gar keinen Zugang gefunden hat.
Die Zahlen, allein was die Höhe der Kirchensteuer betrifft, sind erst einmal mehr als ernüchternd. Etwa zehn Milliarden Euro kassieren evangelische und katholische Kirche, doch dazu kommt noch einmal fast die doppelte Summe an "direkten und indirekten Subventionen", die fast ausschließlich in kirchlicher Hand bleiben.
Denn wer glaubte, dass mit diesen Geldern die Kirche beispielsweise ihre Krankenhäuser und Pflegeheime finanziert, wird schlicht einen Irrtum zugeben müssen. Jene werden fast ausschließlich durch öffentliche Gelder finanziert, wobei die Kirche einen Anteil von knapp zwei Prozent spendiert. In etwa die gleichen Zahlen gelten auch für Diakonie und Caritas.
In diesem Zusammenhang deckt Philipp Möller auch den damit verbundenen Widerspruch auf, dass die öffentliche Hand zwar finanzieren darf, für die fast 1,5 Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jener Betriebe aber die Mitgliedschaft in der jeweiligen Kirche "zwingende Voraussetzung ist". Dementsprechend sitzen ungetaufte Kinder in entsprechenden Kindergärten auf der Warteliste ganz unten.
Auf diese Ungereimtheiten macht der Autor unzweideutig aufmerksam. Man ist schon erstaunt, was sich in der "Kirchenrepublik Deutschland" abspielt und welche Verflechtungen hier existieren. Natürlich provoziert Philipp Möller hier und da kräftig, egal ob er nun die kirchliche Kinder- und Jugendarbeit mit dem vergleicht, was die Werbepsychologie unter "früher Markenbindung" versteht, oder vom "selbsternannten Bodenpersonal eines angeblich allmächtigen Schöpfergottes" schreibt.
Herrlich schräg wird es, wenn der Autor das Ritual der Taufe einen "kleinen Exorzismus" nennt, über eine "katholische Weltuntergangssekte" berichtet, oder uns "eine Art deutsche Katholiban" vorstellt.
Nur im weitesten Sinne zum Thema passen private Erinnerungen an Schule und Studium oder die Spendenaktion im Rahmen der Vorbereitungen für seine "gottlose" Busaktion sowie die (zweifellos lustige) "Übungssituation" als Vorbereitung für eine Talkshow. Doch dies ist im unterhaltsamen Sachbuchbereich durchaus üblich. Das Buch muss ja gefüllt werden. Die Hauptthematik wäre in zu wenigen Seiten abgehandelt.
Dass Gott eine "Erfindung des Menschen" ist, spricht sich jedenfalls immer mehr herum, doch die "Verwirrungstaktik" jener, die uns seit Jahrhunderten ihre "Wahrheit" von Kindesbeinen an eingetrichtert haben, wird in ihrer Nachhaltigkeit wohl noch etwas Bestand haben. Ob Bücher wie "Gottlos glücklich" diesen Prozess etwas abkürzen können und ob die "Jesus-Konzerne" Alarmstufe Rot ausrufen werden, bleibt abzuwarten.
Der Weg des Atheisten wird auf absehbare Zeit also weiterhin der schwierigere sein. Als "Lohn des gottlosen Glücks" bleibt diesem aber eine "plausible Weltanschauung". Na immerhin!
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