Glaube mir
von Alice Feeney
400 Seiten © 2021 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg www.rowohlt.de ISBN 978-3-499-00531-2
Zwei kurze Zeilen, als eine Art Vorwort, bringen es auf den Punkt: "Zwei Seiten, eine Geschichte. Wem kannst du glauben?" Was das genau bedeutet, ist zunächst völlig unklar. Der Prolog wird ebenfalls seiner Aufgabe, erst einmal für allgemeine Verwirrung zu sorgen, voll gerecht.
Für erste "Klarheit" sorgt die nicht alltägliche Struktur der Geschichte um Journalistin und Möchtegernmoderatorin Anna Andrews und Detective Chief Inspector Jack Harper. In den mit "Sie" und "Er" betitelten Kapiteln treiben sie jeweils in Ich-Form die Geschichte aus ihrer Sicht voran. Diese wird damit von "zwei Seiten" beleuchtet, was schon für sich allein knisternde Spannung erzeugt.
Alice Feeney konstruiert in den Schilderungen ständig wechselnder Standpunkte nicht nur ein raffiniertes Verwirrspiel, sondern stellt damit nebenbei ihre Hauptakteure vor. Dieses Konzentrat aus direkten und indirekten Charakterisierungen erfordert Umfang und Intensität gleichermaßen und unterstreicht die Vermutung eines herannahenden massiven Unheils. Überraschende Wendungen jagen sich selbst.
Zwei Hauptfiguren also. Der eine ermittelt, die andere soll berichten. Nichts besonderes auf den ersten Blick, doch die beiden haben eine ebenso "intensive" wie langjährige gemeinsame Vergangenheit. Diese Zeit stand unter keinem guten Stern. Eine Krise folgte der nächsten, ohne die, zu allem Überfluss, für Eltern größtmögliche Katastrophe auszusparen.
"Manchmal halten wir uns zu lange an den falschen Menschen fest, bis der Schmerz so groß wird, dass wir loslassen müssen."
Alle Zeichen scheinen also auf Sturm zu stehen, doch damit nicht genug, denn wenn Anna und Jack dann auch noch mit dem Mordopfer, in mehr oder weniger aktuellem zeitlichen Bezug, bekannt sind, wird die Sache kompliziert. Vor allem, wenn die Personen, die Licht ins Dunkel bringen sollen, plötzlich selbst im Fokus der Ermittlungen stehen.
Wie auch Alice Feeneys Debut ("Manchmal lüge ich") wird der aktuelle Roman verfilmt und dürfte somit Hochspannung auch auf die Leinwand bringen. Bleibt zu hoffen, dass diese groß genug für die zu erwartenden Bilder sein wird.
"Zwei Seiten, eine Geschichte." Und was für eine!
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