Literatur

Gipfelbuch

von Dominik Prantl


320 Seiten
© Süddeutsche Zeitung GmbH, München
für die Süddeutsche Zeitung Edition 2012
www.sz-neueprodukte.de
ISBN 978-3-86615-968-6



Das ist ja der Gipfel! Ein solches Buch hat man nicht alle Tage in der Hand. Bereits wenn man den Filzeinband berührt, kommen die Erinnerungen an den letzten Urlaub in den Bergen unmittelbar und auf direktem Wege zurück. Und dann ist das Buch auch noch mir persönlich gewidmet! Na gut, und all den anderen, die ehrfürchtig auf die Knie sinken beim Anblick eines Gipfels oder den Bergen überhaupt und dann immer wieder den gleichen Satz wiederholen: "Ach, die Berge!"

Schön, dass nun u.a. abschließend geklärt wird, wie denn nun die zahllosen Wanderer, denen man zwangsläufig begegnet, standesgemäß be- bzw. gegrüßt werden. Es gibt nämlich zweifellos Unterschiede, ob man nun einem Einheimischen begegnet, einem erfahrenen Alpinisten, oder einer Touristengruppe. Die verschiedenen  Bergbesucher haben, eingeteilt in "Allesgrüßer", "muffige Schweiger", "Servus-Murmler" oder "Moinmoin-Schreihälse", wie die Bezeichnungen schon verraten, gänzlich unterschiedliche Herangehensweisen. Auch Altersunterschiede spielen eine nicht unerhebliche Rolle im Regelwerk der allgemeinen Grussrichtlinien. Selbst der Gegengruß ist reglementiert. Die Pflicht zum selbigen entfällt z.B. gänzlich, wenn mit "Guten Tag" gegrüßt wird!

In manchen Gegenden begegnet man sogar Kühen (wer hätte das gedacht). Meistens sind die Tiere ja ebenso friedlich wie doof, was sich unter Umständen jedoch auch ändern kann. Besonders, wenn die Kuh gar keine ist, sondern ein Stier. Den "Männern unter den Rindviechern" sei es aber vergeben, da sie bekanntlich ein "geschlechtsspezifisches hormonelles Problem" haben ...!

Viel erfahren wir auch über professionelle Gletscherkurse, über Solisten, die von Seilschaften nicht mehr zu schlagen sind, und über die Wandlung von gemütlichen Bergsteigerrouten zu wahren Rennstrecken: Speedklettern nennt sich eine neue Disziplin. Während für die 1000-Meter-Wand "El Capitan" im Yosemite-Nationalpark in Kalifornien 1958 noch 47 Tage gebraucht wurden, schaffen eine ganze Reihe von Kletterern die Strecke in weniger als drei Stunden!

Gemütlicher, dennoch nicht ohne Superlative, geht es im Harz zu. Dort treibt es den "Brocken-Benno" um, der den höchsten Berg des Harzes inzwischen mehr als 6500-mal bestiegen hat (Stand: Winter 2011) und damit über drei Millionen Höhenmeter zurückgelegt hat.

Gejodelt werden darf natürlich auch, und Hinweise auf den Erwerb eines entsprechenden Diploms fehlen ebenfalls nicht. Aufklärung leistet Dominik Prantl u.a. zu den Themen "Alpen-Viagra", Murmeltierrezepten, Empfängnisverhütung im Hochgebirge, Seilkunde, Routen im elften Schwierigkeitsgrad in der Fränkischen Schweiz, wovon die schwierigste nur 15 Meter lang ist, was ein Japaner 1936 auf einem Kaninchenfell züchtete, von öffentlichen Bedürfnissen, die auch in großer Höhe anfallen, kuriosen Gipfelnamen, sowie dem schlimmsten aller möglichen Unfälle, dem Absturz, von welchem man aber angeblich nicht viel mitbekommen soll ...

Fazit: Alpines Allerlei. Eine Sammlung von allerhand Brauchbarem in Verbindung mit weniger Nützlichem. Sachlich und lustig dargeboten, sodass der gemeine Flachlandtiroler mitunter rätselt, was ernst oder nicht ernst gemeint sein könnte. So viel Gedöns ist beispielsweise notwendig, um einen 8000er zu besteigen? Na ja echt jetzt, und wieso haben die nicht längst eine Seilbahn zum Everest gebaut? Immerhin haben wir es doch bis zum Mond geschafft. Da dürfte der Bau einer schicken Hütte auf dem höchsten Berg der Erde (der eigentlich gar nicht der höchste ist) doch kein Problem sein?

Kann also nicht mehr so lange dauern. Bis dahin blättere ich noch ein wenig in diesem Büchlein herum und schaue noch einmal nach, wie die tatsächlich höchsten Berge der Erde heißen ... vom Mittelpunkt der Erde aus gemessen, natürlich.

 

Thomas Lawall - Januar 2013

 

 

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