French 75 Ein Rostock-Krimi
von Richard R. Roesch
208 Seiten © Sutton Verlag 2011 www.suttonverlag.de www.sutton-belletristik.de ISBN: 978-3-86680-868-3
Pawel meint, bei verbalen Auseinandersetzungen mit Frauen könne ein Mann nicht gewinnen. Allerhöchstens sei ein Unentschieden zu erreichen. Er ist davon überzeugt, dass es Männern generell am Trieb mangelt, jemanden mit Worten verletzen zu wollen. Pawel Höchst lebt als ehemaliger Hochseefischer in Rostok. 10 Jahre schuftete er auf verschiedenen Trawlern fast rund um die Uhr. Seit zwei Jahren ist er Privatdetektiv, nachdem er bereits vor sechs Jahren eingebürgert wurde. Seine russische Heimat vermisst er nicht. Ganz im Gegenteil, denn er war schon als Fischer froh, "der ganzen Melancholie entkommen zu sein". Während der Arbeit sei keine Zeit gewesen, sich an irgendetwas zu erinnern "und so hatte er vergessen, was er verlassen hatte".
Ein Serienkiller hat 15 Morde begangen. Scheinbar wahllos und ohne jeden erkennbaren Zusammenhang. Durch verschiedene Umstände und nicht unspannende Zusammenhänge wird Privatdetektiv Pawel Höchst mit dem letzten Mord direkt in Verbindung gebracht, wird festgenommen und gerät in Untersuchungshaft.
Auch ein zweites Mal muss er sich aus dem Fokus der staatlichen Ermittlungsgewalt mühsam herauswinden, was nicht ganz so schlimm wäre, wenn er nicht auch noch unter massiven privaten Problemen zu leiden hätte!
Schließlich wandelt er die katastrophalen Fehleinschätzungen von Kripo und BKA sowie die Dreistigkeit des Killers in eine persönliche Herausforderung um. Zudem war das letzte Opfer seine Klientin, die ihn wegen einer telefonischen Belästigung um Hilfe bat. Das geht gar nicht ... und wenn sich alles gegen ihn wendet, läuft er zur absoluten Höchstform auf. Der Mörder gehört ihm und er wird ihn finden ...
Auch wenn sich der Autor widerspricht, wenn er einerseits schreibt, "Freiheit bestand auf einem Fischtrawler hauptsächlich aus dem Erinnern", andererseits, wie oben zitiert, aber genau das Gegenteil schildert, so ist French 75 dennoch ein Kriminalroman, der sich in vielen Punkten von ebenso genretypischen wie massenkompatiblen Krimis ganz erheblich unterscheidet. Richard R. Roesch zeichnet Psychogramme von Menschen und einer Stadt, wie ich sie in dieser klaren und unverschlüsselten Form noch nicht gelesen habe. Das Innenleben eines privaten Ermittlers, eines "Lyrikers" und das des Mörders lässt uns gleichsam ihr Leben, ihr Lieben und Leiden durch die jeweils eigenen Augen sehen. Was sich verschachtelt anhört, ist es aber keinesfalls, und das ist ein weiteres Kunststück. Die Protagonisten (und Schauplätze) grenzen sich klar voneinander ab und ihre philosophischen An- und Einsichten bringen sie uns in große Nähe. Näher, als wir vielleicht wollen! Dazu kommt das ausgefeilte Portrait einer Stadt, die wir nach Lektüre des Buches gut zu kennen glauben. Zudem ist eine Prise hemmungslose Erotik und noch viel mehr atemlose Spannung angesagt ...
French 75 ist die erste handfeste Überraschung aus dem Herbstprogramm des Sutton Verlags. Ein starker Krimi ... und eine ganze Menge Rostock noch dazu!
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