Literatur

Finstergrund
Schwarzwaldkrimi


von Willi Keller


380 Seiten
© 2024 - Gmeiner-Verlag GmbH
www.gmeiner-verlag.de
ISBN 978-3-8392-0590-7



Eigentlich war es von vorne herein klar, dass sich eine Zusammenarbeit mit dem LKA schwierig gestalten würde. Kripochefin Lydia Gallheimer steht unter Druck. Die merkwürdigen Ereignisse auf dem "Schwedengrundhof" in der "Moos" ergeben, auch nach fortschreitenden Ermittlungen, nicht wirklich einen Sinn.

Erst recht nicht jenes Chaos, welches sich in unmittelbarer Nähe des Offenburger Polizeipräsidiums zutragen sollte. Der Streit der Zuständigkeiten scheint zu eskalieren, wobei eine Nachrichtensperre zunächst verhindert, dass die Öffentlichkeit auch nur den Hauch einer Ahnung entwickelt, was sich auf dem Schwarzwälder Hof, in einem Gebirgszug der Ortenau, zugetragen hat.

Dabei sah alles nach einem Routineeinsatz aus. Hauptkommissar Alban Berger und Kommissarin Tammy Bieger sind mit der Bildung einer "Cold-Case-Abteilung" beauftragt. Zusammen mit zwei weiteren Kollegen brachen sie zu jenem Hof im Mooswald auf, der eine gewisse Rolle in einem nicht abgeschlossenen Fall spielt.

Die unerledigte Akte beinhaltet mehr Fragen als Antworten, und es scheint nicht einmal klar zu sein, ob es sich überhaupt um einen "Fall" handelt. Diese und andere Vorgänge soll die neue Abteilung untersuchen, um Licht ins Dunkel zu bringen.

Merkwürdige Vorahnungen begründeten ein bewaffnetes Vorgehen, auch wenn der Hof, trotz offenbar aufwändig renovierten Haupt- und Nebengebäuden, verlassen schien. Die Vorsichtsmaßnahmen stellten sich als nicht unbegründet heraus, aber was die Gruppe nach dem Betreten des Hauses erwartete, war so überhaupt nicht vorhersehbar. Eine dramatische, wenn auch skurrile Zuspitzung der Geschichte gleich auf den ersten Seiten ebenfalls nicht...

Der Umfang des Buches lässt zwar auf eine große Geschichte hoffen, aber einige Abstriche sind leider unvermeidlich, denn sprachlich wirkt die Story nicht selten zu statisch, zu sachlich und mitunter fast an Amtssprache grenzend. Es wird erzählt und erzählt und erzählt, man fährt hierhin und dorthin, ermittelt umständlich und stets auf gleichem Spannungsniveau. Dialoge gestalten sich, selbst in Ausnahmesituationen, meist hölzern und förmlich.

Charaktere werden ebenso blass gezeichnet. Es wollen einfach keine Bilder der handelnden Personen entstehen. Dazu gehören leider auch die Hauptpersonen Alban Berger und Tammy Bieger, die fast wie Statisten in der eigenen Geschichte wirken. Ganz schwierig wird es mit Gefühlen. Bei einem Leichenfund zeigt man sich lediglich "überrascht".

Die Story wirkt nicht nur farblos herunter erzählt, sondern auch reichlich konstruiert und mitunter nicht schlüssig. Wie kann es beispielsweise sein, dass angeschossenen Kollegen (zunächst) nicht geholfen wird und statt dessen die Hausdurchsuchung fortgesetzt wird!? Oder jener blasse "Zufall", der sich im Zusammenhang mit Tammy Biegers Lebensgefährten Falco "Gmeiner" (in seiner Eigenschaft als Volkskundler) ergibt. Es entsteht einmal mehr der Eindruck, es mit einer erweiterten Nachrichtensendung zu tun zu haben.

Den eher negativen Aspekten stehen jedoch auch positive gegenüber. Überraschende Wendungen lockern die Lektüre etwas auf. Vereinzelt taucht versteckter Witz in Kombination mit rabenschwarzem Humor auf, denn was ein "Schminkkoffer" alles enthalten kann, hat man so noch nicht gelesen.

Insgesamt ist "Finstergrund" ein durchaus nicht uninteressanter Fall, der sich Stück für Stück zu einem komplexen Verwirrspiel entwickelt, aber unter einer langweiligen Erzählstruktur leidet. Dennoch fiebert man dem Schluss entgegen ... und am Ende ist man froh, es geschafft zu haben, dreht das Buch um, schaut sich das gelungene Coverfoto noch einmal an, um sich sofort daran zu erinnern, was dieses eigentlich versprochen hat.

 

Thomas Lawall - Juni 2024

 

 

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