Literatur

Es war einmal ein blauer Planet


von François Lelord


284 Seiten
© 2020 Penguin Verlag
www.penguin-verlag.de
ISBN 978-3-328-60106-7



Die erste Seite macht insofern neugierig, als hier beiläufig die Rede von einer Zeit ist, in welcher es Männer "noch bis in die oberen Dienstgrade schafften". Derlei Vorzeichen, die grundlegende Änderungen der gewohnten Perspektiven versprechen, sind zunächst willkommen, verwandeln sich jedoch in diesem Fall sehr schnell in falsche Erwartungen.

Nachdem eine "thermonukleare Bombe" der Zivilisation ein Ende setzte, bleibt von der Menschheit nurmehr eine Handvoll Wissenschaftler, die in einer Kolonie auf dem Mars leben. Seit knapp einhundert Jahren bildet diese Gemeinschaft womöglich den Rest der Menschheit.

Die finale Katastrophe auf der Erde wird auf einer einzigen Seite kurz umrissen. Man hatte vom Mars aus die "Apokalypse mit Schrecken und Fassungslosigkeit verfolgt". Es folgt ein kurzer Überblick über das "klaustrophobische" Leben auf dem Mars. Man dachte ja, in ein paar Monaten wieder auf die Erde zurückkehren und der "virtuellen Realität" in der Kolonie wieder entfliehen zu können. Deshalb sind "ziemlich viele Leute nicht richtig glücklich in der Kolonie" ...

Was ist das? Ein Jugendroman? Stark vereinfacht dargestellte gesellschaftliche Strukturen und Weltbilder untermauern diesen Verdacht, ausschweifende sexuelle Rahmenbedingungen dann wieder nicht. Die "zentrale Intelligenz" lässt wieder auf einen handfesten Science-Fiction-Roman schließen, der sich wiederum schnell in naiven Erzählstrukturen verliert. "Athena" hat alles im Griff. Bis auf letzte Freiheiten. Freie Liebe ist, unter gewissen Bedingungen, angesagt. Zu Problemen führt das nicht, denn für den Notfall stehen "Desensibilisierungstherapien" bereit. Noch einfacher geht es mit Medikamenten, wenn man "genervt ist von der Liebe und all ihren Bekümmernissen". Sollte es aber zu langweilig werden, kann die Therapie wieder abgesetzt werden, "und schwupps, geht es wieder los" ...

Also, man kommt sich schon etwas veräppelt vor angesichts dieses literarisch-philosophischen Kindergartens. Erst recht, wenn Hauptperson Robin zur Erde fliegt und auf einer Insel auf Überlebende trifft, die von einer Katastrophe nichts wissen. Man lebt und liebt vor sich hin, sammelt Nüsse, stellt Körbchen her und tut den lieben langen Tag eher wenig. Wozu auch, denn hier ist das mit der "Liebe" noch etwas freier gestaltet ...

Was folgt ist eine Melange aus langweiligem Dschungelabenteuer, dünner Science-Fiction und einer wenig überzeugenden Liebesgeschichte, angereichert mit Glücksbotschaften, dünn wie Luftpostpapier.

Dieses Buch verspricht ebenso viel, wie es nicht halten kann. Die Fragen, die es selbst stellt, werden nicht beantwortet. "Was wir in Zukunft brauchen, um glücklich zu sein" bleibt ebenso im Unklaren wie Elke Heidenreichs diesbezügliches Versprechen. Man ist eher so schlau, als wie zuvor.

 

Thomas Lawall - November 2020

 

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