Literatur

Ein Satz mit Rot
Gedichte


von Rolf Birkholz


58 Seiten
Erste Auflage Januar 2016
Veröffentlicht im Elif Verlag
www.elifverlag.de
ISBN 978-3-9817509-1-1



Es gibt sie immer noch, die Gedichte, welche sich raffinierte Zugangsbeschränkungen leisten. Sie weigern sich, schnell gelesen oder gar überlesen zu werden. Sie sind wie Steine im breiten Fluss der Neuerscheinungen. Sie behaupten sich und fordern eingefahrene Lesegewohnheiten heraus. Wie auf einer Flucht durch die Zeilen zu hasten verbietet sich von selbst. Zu viele Fragezeichen würden bleiben und ein deutliches "Lies mich doch bitte noch einmal".

Wenn eigene Bezüge entstehen, nehmen diese Verse jedes Tempo heraus. Wer die zahllosen "Niegespräche" eines Vaters kennt, den wirft schon ein einziges Wort aus der Bahn. Ein "Letztes Angebot" kann in so einem Fall mächtig Öl ins Feuer gießen und bis "Über Spuren im Schnee" entsteht eine Zwangspause, bis der Nachklang der nie gesprochenen Worte verhallt.

"Familienfoto 1913" erinnert an Wahnsinn und Wirren des 1. Weltkriegs. Der Vater ist auf dem "Foto seines Lebens" nicht zu sehen. Dafür seine sechs Kinder. Doch: "Zwei trifft schon bald der Tod in Flandern."

"Zum Glück" gibt es auch Rätselhaftes und Raum für Interpretationen, denn in dem gleichnamigen Gedicht kommt man in Versuchung sich auszusuchen, ob mit "Freund Murphy" auf Edward A. Murphys berühmtes Gesetz oder auf Joseph Murphy, den vielleicht bekanntesten Vertreter des positiven Denkens, angespielt wird. Weniger Belesene finden erst im Anhang einen Hinweis auf Samuel Becketts ersten Roman "Murphy". Verständlicher werden die Zeilen dadurch aber auch nicht.

Umso treffender verpackt Rolf Birkholz dann seine gesellschaftlichen Querschläger, wohldosierte Wortpfeile, verhalten und diskret ins Ziel gebracht, wie die Schmäh in "Liebfrauen" um jene hübschen Mädchen, die alt genug sind "für kleinen Glauben zwischendurch".

Weniger verständlich sind dann wieder Momentaufnahmen im Lottoladen, die sich mit einer Liedzeile der Doors schmücken. Einen Zusammenhang, wenn er denn existiert, kann man nur mit Mühe erzwingen. Mehrmaliges Lesen hilft hier nicht wirklich.

Doch es gilt, Anderes zu entdecken. Sei es ein Westernheld auf Zeit ("Nachspann"), Vulkananbeter auf einem Vergnügungsdampfer ("Abendflehen), Mutproben im Schnee ("Über Spuren im Schnee") oder jene drei Stare auf der wiederauferstandenen Klosterkirche in Ihlow ("Schola Dei).

Rolf Birkholz spielt Verstecken mit Worten. Trotz aller Liebe zur Kopflastigkeit ist es ein Vergnügen, den sehr persönlichen Pfaden zu folgen. Wenn auch dieses Suchspiel nicht immer von Erfolg gekrönt wird.
Doch was tut das zur Sache? Dinge vergehen, Worte vergehen, wir sind alle nur Gäste auf unbestimmte Zeit. Und doch gibt es etwas Ewiges:

"... es fördert dir Wörter und Bilder,
das Wahre zutage, gefühlte
Momente unendlicher Zeit."

 

Thomas Lawall - Mai 2016

 

 

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