Dummgeglotzt Wie das Fernsehen uns verblödet
von Alexander Kissler
Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 192 Seiten, Taschenbuch ISBN 978-3-579-06886-2 www.gtvh.de
Wer schon immer einen guten Grund brauchte das Fernsehen abzuschaffen – also nicht die Kiste, mit der sich gute DVDs schauen lassen, sondern das was uns so täglich von den Rundfunkanstalten geboten wird – der lese dieses Buch. Das eines nicht hat, wie auf dem Umschlag zu lesen ist: ein Vorwort von Marcel Reich-Ranicki.
Alexander Kissler ist Medien- und Literaturwissenschaftler und Kulturjournalist. Und er schreibt nicht aus der Theorie heraus, nein, er hat das alles selbst gesehen. Ist abgestiegen in den Sumpf der Nachmittagstalkshows, der Hartz-IV-Beweihräucherung, der Volksmusik und der pseudopolitischen Talks.
Das Buch, das daraus entstanden ist, ist ein Höllenritt durch Deutschlands Fernsehlandschaft. Kein primitives Bashing von Privatsendern wie Rammeln, Töten, Lallen oder Sex Am Tag1. Nein, Alexander Kissler eröffnet dem Leser die gesamte Bandbreite des Grauens, inklusive des sinnentleerten Gebrabbels in ernstgemeinten Talkshows wie Anne Will oder Menschen bei Maischberger. Natürlich fehlen die Gerichtsshows, Supernannies und DSDS nicht. Gespickt mit Zitaten aus den Sendungen und Kommentaren aus wissenschaftlichen Untersuchungen zu den Folgen des Fernsehkonsums ergibt sich ein leidenschaftlicher Appell für ein intelligentes Fernsehprogramm. Fort von Infotainment und Kochshows. Damit der Fernsehzuschauer wieder in der Lage ist, selbstständig zu denken und zu entscheiden.
Kissler verpackt sein ernstes Anliegen in einem leidenschaftlichen, teilweise sarkastischen Schreibstil, doch was den Leser meistens wirklich trifft sind die Beschreibungen und Zitate der Sendungen. Man weiß oft nicht, ob das noch zum Weinen oder schon wieder zum Lachen ist. Und in den Kapiteln über die öffentlich-rechtlichen Sender fragt man sich wirklich, wofür man die Gebühren zahlt. Wie der Autor schreibt, verpassen ARD, ZDF und die Dritten nämlich ihren im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebenen Auftrag: Informieren statt Rosamunde Pilcher!
Dummgeglotzt ist ein wirklich gutes Sachbuch, das zu lesen sich sehr lohnt. Es hat allerdings einen großen Nachteil: Nur ein ganz geringer Prozentsatz der Fernsehzielgruppe wird es lesen, verstehen und danach handeln. Also: Bleiben Sie dran!
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