Die Nacht, in der ich verschwand
von Wolfgang Kirschner
128 Seiten © C.M. Brendle Verlag, Bisingen www.brendle-verlag.de ISBN 978-3-9810329-6-3
Sein Bein spuckt Blut. Wie ein erschossenes Tier in der eigenen Blutlache. Es wird mit etwas verbunden, das er ausschließlich aus völlig anderen Zusammenhängen kennt. Peter Prollmann, der Zeichner, glaubt sich in einem Film. Das kann nur ein Kinofilm sein. Wie kam er in dieses Bett und weshalb ist er mit Handschellen an den Pfosten gefesselt? Die Erinnerungen kehren langsam zurück. Der Film läuft rückwärts. Aber da ist noch etwas ... noch jemand ... doch schon kribbelt es an der Kopfhaut, es wird dunkel und Peter versinkt in einen schwarzen Sog, der ihn in die Tiefe zieht. Gerade noch kann er sich von Frau und Kindern in seinen herabstürzenden Gedankenfluten verabschieden ...
Ehefrau Jenny ist eine von der vergesslichen Sorte - mit den Gedanken stets in anderen Welten und im Prinzip nur körperlich anwesend. Nicht nur das Bügeleisen vergisst sie gelegentlich auszuschalten oder die Zugabe von Waschpulver in die dafür vorgesehene Kammer, den Braten aus der Röhre zu nehmen, den Wasserhahn abzustellen oder überhaupt etwas einzukaufen, sondern auch den Geburtstag ihres Mannes. Und das sollte jetzt wirklich böse Folgen haben ...
Wenn sie gestatten, möchte ich kurz eine Rezension loswerden ... denn hier haben wir es mit einem außerordentlich kurzweiligen Kriminalroman zu tun, der sich selbst, und das ganze Genre gleich mit, ordentlich auf die Schippe nimmt. Was mich stört, ist das Cover. Dieses führt auf falsche Fährten, denn hier verschwindet ein Mann und kein Mädchen. Beide abgebildete Personen können zudem das entstehende Bild der beiden Hauptakteure nicht bestätigen. Trotz dieses Schönheitsfehlers gilt meine uneingeschränkte Empfehlung für diesen rasanten, wenn auch leider viel zu kurzen Krimi.
Mit viel Wortwitz, Selbstironie und einem Gespür für absurde Situationskomik sorgt Wolfgang Kirschner sowohl für Spannung als auch für den einen oder anderen ordentlichen Brüller. Dabei geht es um ein ernstes Thema, denn nicht selten verschwinden Männer spurlos. Sie wollten eigentlich nur zum Zigarettenautomat laufen oder ein Bierchen in der Kneipe um die Ecke trinken, kehren aber nie mehr zurück.
"Die Nacht in der ich verschwand" erzählt eine Geschichte und vermittelt damit einen Eindruck, was in einer solchen Nacht passieren könnte. Welche Verkettung von Umständen völlig unerwartete Wege eröffnen und den Lauf der Dinge auf den Kopf stellen kann. Schön, dass es dem Autor nicht gelingt, ein solches Drama mit dem durchaus üblichen Ernst zu behandeln, denn sonst würde uns beispielsweise der Lacher mit dem oben schon genannten Verbandsmaterial erspart bleiben ...
... was überaus bedauerlich wäre!
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