Die Erfindung der Sehnsucht Gedichte
von Joseph Zoderer
80 Seiten © 2017 Haymon Verlag, Innsbruck-Wien www.haymonverlag.at ISBN 978-3-7099-7295-3
Schwer zu verstehen sind nicht wenige Dichter. Verschleierte Worte, verdrehter Sinn, versteckte Botschaften oder in Ketten gelegte Fragezeichen. Joseph Zoderer geht ganz andere Wege. Das fängt schon beim "Inhaltsverzeichnis" an. Es gibt nicht nur keins, sondern es würde auch gar keinen Sinn machen. Wie sollte ein solches auch ohne Überschriften funktionieren?
Formal fehlt also einiges. Doch schnell merken Leserinnen und Leser, dass jenes Fehlen kein Verlust bedeutet. Die Zeilen Zoderers benötigen keine Überschriften. Sie wären schlicht überflüssig. So lächerlich, wie es das Anbringen eines Schildes über einem gigantischen Ozeandampfer wäre, auf dem geschrieben steht: "Ozeandampfer".
Der Klappentext gibt spärliche Auskunft. Er leistet sich immerhin den Hinweis auf die "Liebe als Grundprinzip". Doch der Dichter geht viel weiter. Wo Licht ist, gibt es auch Dunkelheit:
"Von den Zweigen fielen tote Vögel aus den Wolken tropfte ein Singen ..."
Als wesentlicher Bestandteil und unmittelbare Folge des Glücks, sorgt das Unglück für die Balance:
"Es gibt ein Niemandsland ein Wundenland ..."
Und wenn der Dichter die ausgetretenen Pfade der Alltäglichkeit verlässt, kann es durchaus passieren, dass selbst ihm die Worte fehlen. Es könnte aber auch eine Einladung an die Leserschaft sein, sich aus der Bequemlichkeit zu erheben, um sich selbst einmal auf die Suche zu machen:
"Wir werden unsere Sprache erst erfinden müssen ..."
Doch vielleicht ist es ein Fehler, den Dingen letztlich auf den Grund zu kommen. Was bedeutet schon ein Ziel, wenn der Weg dahin der weitaus aufregendere ist?
"Das Ende wissen und doch den Anfang leben ..."
Womöglich ist es ein Glück, die Spielhalle der unendlichen Möglichkeiten mit geschlossenen Augen zu betreten. Kann gut sein, dass der nie erfüllte Traum der bessere ist. Wer weiß?
Dieses Buch kann man lesen, aber nicht "auslesen". Joseph Zoderers Worte schwingen weiter und gehen eigene Wege. Was bleibt sind Fragen, die nie beantwortet werden, und man spürt, dass es gut ist, denn:
"Was wird sein wenn alles wahr wird ..."
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