Die Anwältin ... und plötzlich ist sie selbst das Opfer
von Bonnie Kistler
384 Seiten © 2023 Bonnie Kistler © 2024 der deutschsprachigen Ausgabe Knaur Verlag www.droemer-knaur.de ISBN 978-3-426-44645-4
Naja, ein sog. "Page-Turner" mal wieder, obwohl dieses Genre eher selten Zugang in die Bücherregale des Rezensenten findet, sondern eher ein Warnsignal darstellt, lieber die Finger davon zu lassen.
Hin und wieder über den Tellerrand zu schauen, kann aber nicht schaden, zumal es den Vielleser nach Abwechslung dürstet, und der Kriminalroman und/oder Thriller eben doch und immer wieder eine gewisse, wenn auch nur schwer zu erklärende, Anziehungskraft ausübt.
Das Geschehen in "Die Anwältin" wird von Anfang an in einfacher Sprache gehalten. Das ist wohl genau das, was Leser/innen in ihren Buchbesprechungen mit Attributen wie "leicht zu lesen" und "flüssig geschrieben" verstehen.
Kelly McCann wird als knallharte Verteidigerin gezeichnet. Selbstbewusst, zielorientiert und mit allen Wassern gewaschen. Weshalb sie sich dann in ein Umfeld und eine Situation begibt, die sie selbst zum Opfer werden lässt, darf man dann lieber nicht fragen.
Nun gut, es war halt so und ist nicht mehr zu ändern. Die weiteren (ziemlich konstruierten) Umstände verhindern eine direkte Konsultation der zuständigen Strafverfolgungsbehörden, weshalb eine etwas unkonventionellere Herangehensweise angesagt ist.
Das sind dann die leicht spannenderen Kapitel des Buches, denn es geht hier in der Hauptsache um das Schmieden eines raffinierten Rachefeldzuges, wobei den Beginn des eigentlichen Spannungsbogens die Suche und Auswahl der Personen markieren, die für die Ausführung des Plans zwingend gebraucht werden, da das Vorhaben alleine nicht zu stemmen ist.
Die einfache sprachliche Gestaltung bleibt durchgängig auf gleichem Niveau, schert aber hin und wieder doch auf vereinzelte Höhepunkte aus. Einer ist die Geburt von Kellys Tochter Lexi, und ein damit verbundener, völlig unerwarteter Wendepunkt der Geschichte. Eine Situation, die vielleicht nachhaltiger nicht formuliert werden kann.
Insgesamt bleibt "Die Anwältin" aber eine ebenso unkomplizierte wie unterhaltsame Lektüre, wobei es, im Widerspruch dazu, das Erlebte der beschriebenen Frauen in keinem Fall ist.
Mit dem Thema Rache sieht es wieder ganz anders aus, denn in diesem Fall gönnt man dem Täter alles Schlechte dieser Welt. "Hochspannend" und "explosiv" ist das nicht unbedingt. Solide und raffiniert aber auf jeden Fall.
Trotzdem zieht und schleppt sich die Geschichte so vor sich hin und verzweigt sich, damit der Umfang der Lektüre zunimmt, in allerlei Nebenkriegsschauplätze. Immerhin kann das Ende dann wirklich überraschen.
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