Literatur

Der dreizehnte Mann

von Manfred Wieninger


192 Seiten
© Europa Verlag GmbH 1999
Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH
www.rowohlt.de
ISBN 3-499-22936-6



Nun bin ich endlich beim ersten Teil der Marek-Miert-Reihe angekommen. Über zwanzig Jahre hat es gedauert, und schon stellt sich die Frage, ob es sich gelohnt hat. Man weiß es im Prinzip gar nicht so genau, insbesondere wenn man sich den Schluss der Geschichte genauer anschaut ...

Mehr dazu gibt es aber nicht, sonst drückt wieder ein Mitglied der selbsternannten Spoilerpolizei auf den roten Knopf. Ein paar Fakten zum Inhalt sind jedoch sicher noch erlaubt, schließlich gilt es, Menschen, die noch immer nicht wissen, wie alles begann, zu motivieren, sich das kultverdächtige Büchlein endlich zuzulegen, bevor die letzte Verfügbarkeit in den Antiquariaten endgültig versiegt.

Marek Miert, einst aus dem für Recht und Ordnung zuständigen Exekutivorgan des Staates freiwillig ausgeschieden, zeigte vorab seinen Vorgesetzten, Gruppenleiter Gabloner an, der einen brisanten Kriminalfall im Zusammenhang mit der Prostituierten Eva ebenso gründlich wie nachhaltig versemmelte.

Seither verdingt er sich als Privatdetektiv, vergeblich nach Erfolg suchend, und kommt mehr schlecht als recht über die Runden. Mühelos lässt sich dieses Schema auch auf sein gesamtes Privatleben übertragen, denn alles Unrecht dieser Welt scheint ihn magisch anzuziehen, wobei ihn die Wunden, die er sich, wie die sprichwörtliche ums Licht schwirrende Motte, zwangsläufig zufügt und zufügen lassen muss, schon gar nicht mehr groß ins Wanken bringen können.

Gegen alle sich ihm in den Weg stellenden Widerstände weiß er stets, mit spitzer Zunge sowie mit der einen oder anderen haarsträubenden Aktion, im letzten Moment den Kopf aus der Schlinge zu ziehen ... selbst wenn es sich um eine gewisse Zwangslage in einem Teppich handeln sollte ...

Für Gewinne im materiellen Bereich zeigt sich der private Gelegenheitsfahnder ebenfalls wenig anfällig, was sich sowohl bezüglich des Inhalts seines Kühlschrankes ausdrückt, als auch in der Wahl seines Fortbewegungsmittels im allgemeinen Straßenverkehr ...

Ja gut. Was ist passiert? "König Lear" hat ein Problem. Seine Freundin Emma Holzapfel ist von einem Auto überfahren worden. Der Fahrer ist flüchtig und soll nun von Miert gefunden werden. Spuren oder Hinweise auf den Täter gibt es keine ... jedenfalls nicht dort, wo man sie üblicherweise vermutet und findet. Ein zweiter Klient wartet mit einem ungleich schwierigeren Anliegen auf, und jetzt beginnt die Situation, zunächst langsam und doch unaufhörlich, zu eskalieren.

Manfred Wieninger deutet an, wie schwierig es, in nicht wenigen Fällen gar unmöglich, ist, so etwas wie Wahrheit herauszufinden, und nimmt in diesem Roman bereits Sachthemen einer unsäglichen Vergangenheit, denen er sich in späteren Werken ausführlich widmen sollte, vorweg.

Für bittere Lacher sollte man als Leserschaft empfänglich sein, nur so lassen sich Wieningers sauer aufstoßende Ironie, brachiale Charakterisierungen, Breitseiten in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ganz allgemein, das Zerbrechen von Träumen, urbaner Verfall und die nicht enden wollende Suche seiner gar nicht mal so weit hergeholten Figur des Marek Miert, die letzten Spurenelemente von Gerechtigkeit aufzuspüren, verstehen. Falls es eine solche jemals gegeben haben sollte.

Und wenn einem in "Harlands" düsteren Gassen jemals ein vehement vorbeiziehender Ford Granada begegnen sollte, dann sind es zweifelsfrei der letzte Held dieser Galaxis oder jene, die hinter ihm her sind.

 

Thomas Lawall - März 2020

 

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