Der Todesengel von Wien
von Nina Jelinek
316 Seiten © 2023 - Gmeiner-Verlag GmbH www.gmeiner-verlag.de ISBN 978-3-8392-0466-5
Heinrich Truttenberger befindet sich in einer ebenso unerwarteten wie außergewöhnlichen Situation. Einerseits belastet ihn der plötzliche Tod seiner Mutter, weshalb er überstürzt nach Wien reist, andererseits scheinen mit dem Begräbnis Dinge in Zusammenhang zu stehen, die ihn zunächst an seinem Verstand zweifeln lassen.
Emile Truttenberger hinterlässt nicht nur ihren ratlosen Sohn, sondern auch ein Rätsel nach dem anderen. Schon vor längerer Zeit war der Kontakt abgebrochen, weshalb Heinrich von einer vermeintlichen Krankheit ebenso wenig mitbekam wie von der Tatsache, dass sie ihre letzten Tage nicht mehr in der eigenen Wohnung verbrachte.
Eine weitere Überraschung ist die junge Frau, die nunmehr die Wohnung zur Untermiete bewohnt. Lotte weiß zu berichten, dass Heinrichs Mutter ausgezogen sei, um ihrerseits in Untermiete im Haus einer fremden Frau zu leben. Für Heinrich bricht abermals eine Welt zusammen, doch seine anfängliche Verwirrung verdichtet sich immerhin zu einer Art Anfangsverdacht. Klar ist zunächst aber nur eines: Hier stimmt etwas nicht.
Bleibt nur noch der Gang zur Polizei, wo die eigentliche Tragödie, zumindest im ermittlungstechnischen Sinne, beginnt. Erst einmal müssen Fakten geschaffen und zusammengetragen werden, die sich allesamt um jene Frau drehen, bei welcher Heinrichs Mutter ihre letzten Tage zu verbringen gedachte ...
... und genau so baut Nina Jelinek ihren Roman auf. In zahlreichen Rückblenden beleuchtet sie das Leben der 1938 hingerichteten Serienmörderin Martha Marek, wobei sie sich, neben bekannten und belegten Ereignissen, einen großen erzählerischen Freiraum gönnt, der sich nicht selten Wiederholungen und überdimensioniert geschilderte private Befindlichkeiten der Haupt- und Nebencharaktere, sowie eine außerordentlich makabre Schlussszene, erlaubt.
In sich schlüssig ist die teilweise etwas aufgeblasene Geschichte jedoch trotzdem, da sie sich immerhin im historisch belegten Rahmen bewegt. Zudem ist bekanntlich in der Romanform im Prinzip alles erlaubt. Umso erfreulicher, dass die Linzer Autorin in ihrem Nachwort Leserinnen und Leser genauestens aufklärt, wie es sich mit Fiktion und Realität verhält. Nicht nur deswegen ist "Der Todesengel von Wien" so etwas wie Pflichtlektüre für "True-Crime-Fans".
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