Literatur

Der Mathelehrer und der Tod
Gregor Horvaths erster Fall


von Marc Hofmann


270 Seiten
© 2020 Knaur Verlag
www.knaur.de
ISBN 978-3-426-52547-0



Oberstudienrat Gregor Horvath muss eine Begegnung der unheimlichen Art über sich ergehen lassen. Mit der nicht gerade sympathischen Kollegin Gerlinde Szymanczyk-Hohlwang hat er nichts zu schaffen, um so verwunderlicher, dass sie ihn im Lehrerzimmer abfängt, um ihn zur Rede zu stellen. Seine Achte, in der sie gerade eine Vertretung beendete, sei ja wohl "ein verwahrloster Sauhaufen", und er solle doch dort einmal für Ordnung sorgen.

Man hat es doch schon immer geahnt, dass sich derlei Szenarien in jenem Bereich abspielen, den man als Schüler nie zu Gesicht bekam. Lehrerzimmer war verbotene Zone. Herrlich, dass man nun aus kompetentem Munde die "Wahrheit" erfährt. Und noch viel mehr. Plötzlich betritt die eigene Schulzeit wieder die Bühne der Erinnerungen.

Marc Hofmann, selbst dem Lehrkörper angehörig, weiß, von was er schreibt. Und so charakterisiert er seine Protagonisten, von Schülern bis hin zu Kollegen, den Rektor, ja sogar die ewig hilfsbereite Schulsekretärin sowie den emsigen Hausmeister, ebenso originell wie treffend, so dass wir den Eindruck gewinnen, all diese Personen irgendwie zu kennen. Das kann lustig sein, mitunter aber auch beklemmend.

Seine Hauptfigur Gregor Horvath ist ein Traumlehrer, weshalb sich der zitierte Bezug zum "Club der toten Dichter" fast zwangsläufig anbietet, sowie zahlreiche Verweise auf die Kriminalliteratur vergangener und schon fast verstaubter Zeiten. Zitate aus Film und Literatur spielen also eine große Rolle in "Der Mathelehrer und der Tod", ebenso die musikalische Untermalung, die, angeführt von Nick Caves "Murder Ballads", so nebenbei Horvaths Charakterskizze unterstreicht.

Die Umstände erfordern, dass Gregor letztlich die Aufgabe seines Bruders Martin, selbiger im Dienste der Kriminalpolizei, übernehmen muss, was gleichzeitig den Ansatz zur Überwindung eines kindlichen Traumas bedeutet. Ein Mord ist geschehen. Erwischt hat es Mathematik- und Physiklehrer Michael Menzel.

Mord oder Selbstmord, das ist hier die Frage. Keineswegs neu - wie der Autor es angeht, aber sicherlich schon. Denn wie sollte der emsige Oberstudienrat Horvath, dem Smartphones und Computer ein Greuel sind, der Wert auf angemessene Garderobe und gewisse Umgangsformen legt, sowie in diesem Zusammenhang gern "linguistische Kreuzzüge" unternimmt, der in einer 4-Zimmer Altbauwohnung nach einer Trennung ein zufriedenes und ausgefülltes Singledasein lebt, einer derartigen Aufgabe gewachsen sein?

Marc Hofmann gibt Antworten. Geistreich, vergnüglich und stark komprimiert, also ohne jeden seitenfüllenden, literarischen Ballast. Am Ende geht die Auflösung, trotz integrierter Hochspannung, zwar etwas zu schnell von der Hand, aber schließlich sind ja noch weitere Folgen geplant. Die Frage, ob mit dieser unkonventionellen Geschichte eine Serienreife erreicht ist, kann, schon im Hinblick auf den letzten Satz, ganz schnell beantwortet werden: Unbedingt, ja!

 

Thomas Lawall - März 2021

 

 

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