Literatur

Der Fisch ist ein Gedicht

von Arezu Weitholz


290 Seiten
© Verlag Antje Kunstmann GmbH,
München 2017
www.kunstmann.de
ISBN 978-3-95614-199-7



Fischgedichte? Niemals! Genauer gesagt, der Rezensent wäre wohl nie auf die Idee gekommen, sich um ein Buch mit genannter Thematik zu bemühen. Da das Leben aber voller Überraschungen ist, kommt es oft anders, als man denkt. Dem "Packfehler" eines Praktikanten (ja klar, dass die wieder herhalten müssen!) hat er nun ein völlig unerwartetes Vergnügen zu verdanken. Ein Buch mit einer farblich ähnlichen Covergestaltung erreichte ihn deshalb erst in der nächsten Sendung, weshalb er etwas Zeit hatte, sich dem vermeintlich seltsamen Titel mit vorsichtigem Respekt anzunähern.

Schon auf der ersten Seite war klar, dass es sich bei dem vorliegenden Werk um einen Volltreffer handelt. Ein Fingerzeig des Herrn ebnete umgehend den Weg, wobei nebenbei klar wurde, dass auch zeichnerisch einiges geboten sein würde. Gleich auf der nächsten Seite führt uns Arezu Weitholz vor, wie sie sich die textliche Ausrichtung vorstellt. Höchst lyrisch zu Beginn, glänzt "An den Bodensee" mit einer recht bodenständigen Pointe. Aha, das kann ja heiter werden ...

Es ist nahezu unglaublich, was die Autorin, die u.a. auch mit den Herren Grönemeyer und Lindenberg zusammenarbeitet, aus dem gegebenen Thema herausziehen kann. So ganz nebenbei wird die Allgemeinbildung aufgestockt, indem man etwas von diversen Fischsorten erfährt, die einem bis dato völlig unbekannt waren, denn nicht jeder hat schon einmal etwas von einer Groppe, Elritze, von einem Degenfisch, Schnäpel, Gurami oder gar einem gestreiften Schnepfenmesserfisch gehört.

In der Hauptsache geht es aber um Verse über jene Bewohner in Flüssen, Seen und Meeren, die einem nach Lektüre dieses vergnüglichen Werkes um eine ganze Ecke sympathischer geworden sind. Herrlich auch die Wortspielereien, die in Verbindung mit den kongenialen Zeichnungen der Autorin entweder zu ganz neuen Ansichten führen können oder schlicht zu einem herzlichen Lachen anregen.

Man denkt unweigerlich an den großen Heinz Erhardt, der in gewisser Weise vielleicht eine Art Vorbild oder Anregung gewesen sein könnte. So glaubt jedenfalls der Rezensent und vermutet gar eine gut getarnte Hommage in "Der Tod des Kabeljaus". Kenner denken sofort an Erhardts "Der Kabeljau", was mit dem genannten Gedicht aber nichts zu tun hat. Vielmehr lässt Arezu Weitholz ihr Gedicht mit dem gleichen Wort enden, wie es Erhardt in seinem legendären "Die Made" im vorletzten Vers tat.

Doch auch nachdenklich-philosophisches gibt es zu finden und zwar nicht nur, was den "Philosofisch im Winter" betrifft. Nein, auch die Flunder kann Geschichten erzählen. Niemand weiß besser als sie, was passiert, wenn man zu viele Fragen stellt:

"Wer lässt mich vom Sande träumen?
Wieso bin ich nur so matt?"

Ein Rochen führt aus, dass in Wahrheit Wasser wie der Himmel ist. Dumm sind sie ja sowieso nicht, die Fische. Sogar die Musik von Pink Floyd kennen sie! Arezu Weitholz sei bedankt für dieses heiter-nachdenkliche Gesamtkunstwerk, und der Verlag für die liebenswerte Panne, ohne welche ich nie in den Genuss gekommen wäre!

 

Thomas Lawall - Dezember 2017

 

 

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