Literatur

Deine Wahrheit ist der Tod

von Andrea A. Walter


352 Seiten
© Emons Verlag GmbH
www.emons-verlag.de
ISBN 978-3-7408-2223-1



Ihre eigenen Bilder hier einmal ausstellen zu dürfen, war schon immer ihr Traum. Doch zunächst ist es die Hauptsache, überhaupt hier in dieser Kunsthalle zu sein. Eine willkommene Abwechslung in Tagen, die aufregender kaum sein könnten. Doch aus dem geplanten ablenkenden Kunstgenuss wird nichts, denn die Dinge scheinen sich auch hier in merkwürdige Richtungen zu entwickeln.

Klara Adam scheint sich neuerdings und permanent in einer Art emotionalem Ausnahmezustand zu befinden. Menschen, Gerüche, optische Reize und eine undefinierbare Sehnsucht übernimmt die Oberhand, die schließlich durch eine Erscheinung ihrer verstorbenen Mutter gekrönt wird. Ihre ständigen Vorwürfe haben Wurzeln geschlagen und zeigen Wirkung weit über deren Tod hinaus.

Diese Verwirrung der Gefühle weiß Andrea A. Walter sehr eindringlich und reich an Metaphern in Szene zu setzen. Klara zeigt sich machtlos gegen jenen "Treibsand", der um so siegreicher ist, je größer sich die Gegenwehr gestaltet. Diese Panik ist nicht nur lesbar, sondern regelrecht greif- und erlebbar.

Die Situation scheint fast zu eskalieren, doch für den Moment ist Erlösung in Sicht. Sozusagen in "greifbarer" Nähe. Ein ebenso schönes, wie neugierig machendes Ende des vierten Kapitels. Im nächsten betritt ein ebenso charmanter wie attraktiver Retter die Bühne. Ein Fremder, der bald keiner mehr ist: Jonas.

Die Geschichte der reichen Erbin eines Familienunternehmens und ihrem Mann Jonas, sowie einer überschaubaren Anzahl an Nebendarstellern, unterscheidet sich grundlegend von anderen des Thriller-Genres. Eine permanente oder gar nervenzerfetzende Hochspannung oder entsetzliche Verbrechen und Morde stehen hier nicht auf der Tagesordnung. Jedenfalls nicht wie gewohnt.

Vielmehr setzt die Autorin auf eine, zumindest zu Beginn, sehr unterschwellige, fast kaum wahrzunehmende allgemeine Verunsicherung, die sich in sehr verhaltenem Tempo entwickelt. Das kann dauern und Leserinnen und Leser, die permanente Aktion erwarten, in den Wahnsinn treiben.

Doch halt, wer hier in den Wahnsinn getrieben wird, muss und wird sich herausstellen. Wie gesagt zieht sich das gewaltig in die Länge, aber für die notwendige Spannung sorgt die Wortwahl der Autorin. Ihre bildgewaltigen Schilderungen von Gemütsverfassungen jeder Art, ob höchstes Glück oder abgründiges Elend, ob im Traum oder der Realität erlebt, benötigen keinerlei Spezialeffekte.

Durch Sprache vermag sie Landschaften zum Leben zu erwecken. Charaktere erscheinen leinwandgroß und in Naheinstellung. Eine alptraumhafte Atmosphäre breitet sich in Nuancen aus, die sich langsam aber stetig immer mehr mit sich selbst multiplizieren. Das ist ebenso raffiniert wie spannend. 

Ein Thriller als Zeitlupenstudie. Und einer, der sich so nach und nach in einen Psychothriller verwandelt. Das ausgefeilte und raffinierte Vexierspiel um Liebe, Täuschung, Lug und Trug sucht seinesgleichen, insbesondere wenn völlig überraschende Wendungen das Ruder übernehmen.

Und wer sich dem Sog dieser Geschichte nicht entziehen kann, wird am Ende mit einer diabolischen Überraschung belohnt. Doch damit nicht genug. Die Geschichte endet spektakulär, doch der Epilog setzt noch ordentlich einen drauf!

 

Thomas Lawall - September 2024

 

 

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