Das leise Kratzen in der letzten Rille Absurditäten aus dem Leben eines Taugenichts
von Johannes Finkbeiner
184 Seiten © ACABUS Verlag, Hamburg 2014 www.acabus-verlag.de ISBN 978-3-86282-301-7
Endlich mal jemand, der ausbricht! Endlich mal jemand, der die Schablonen gängiger Romanstrukturen torpediert. Endlich mal ein Autor, der schreibt, wie das Leben wirklich klingt: absurd.
Savićević beantwortet die Frage nach seiner Lieblingsstadt mit den Worten: "Ich hab' keine ... die schönsten Städte sind die, die man nicht kennt, denke ich." Fink gibt nicht auf und fragt ihm ein Loch in den Bauch. Wieso er denn nicht ständig herumfahren würde, wenn er in seiner Rastlosigkeit sowieso dauernd im Urlaub weilt. Er antwortet der Frau, deren Name er gerne, wie sie sagt, auch mit "V" schreiben könnte, dass ihn seine Tiere auslachen würden. Sie wollen lieber ein richtiges Zuhause.
Dennoch bleiben "Pynchon", einem schwarzer Panther, und der Kobra "Topstar" nichts anderes übrig, als permanent mit ihm dem Urlaub zu frönen, wobei sie mit Bio-Futter immer wieder zu besänftigen sind. Zum Glück ist Savićević gut bei Kasse, da er einst bei Sportwetten, UEFA-Cup-Rückspiele von Werder Bremen betreffend, eine Menge Bares gewonnen hatte. Zudem ist für die Unterbringung der schlauen Tiere bestens gesorgt.
Savićević hält für sie selbstverständlich Schlafsäcke bereit. Allgemeine Ansichten werden ebenfalls geteilt, insbesondere was die Finanzbeamten auf ihren Kickboards, die ständig Passagiere belästigen oder gar "mit ihren Aktenbergen ersticken", betrifft. Man pflegt sie mit den gleichen Schimpfwörtern zu belegen. Insbesondere wenn sie sich erdreisten, die "Belagerung Wiens nachzustellen" oder die Passagiere mit "Lochern und Heftmaschinen" bewerfen.
Man befindet sich auf dem "Eau des Goûts" in Richtung "S.-Stadt". Per Schiff hat man sich auf den Weg gemacht, um einen gewissen Brinkmann zu besuchen. Neben dem Fahrradmechaniker Abduschaparow ist der Physiker ein guter Freund von Savićević. Er gelangte zu Weltruhm, indem er kürzlich die Absurdität des Lebens bewiesen hatte ...
Was für eine Wohltat, diesen intelligenten Quatsch zu lesen. Johannes Finkbeiner fährt den Karren der Mainstream-Literatur mit voller Wucht und mit Wonne an die Wand. Nichts ist so, wie es sich gehört, und nichts liest sich schwieriger als das völlig Unerwartete. Nichts für literarische Sozialhilfeempfänger oder Bestsellerjunkies.
Dabei steckt doch in uns allen ein Savićević. Mehr oder weniger und in entsprechender Dosierung selbstverständlich. Den einen mag es erschrecken, Spurenelemente einer seltsamen Radikalität in sich selbst zu entdecken, den anderen mag es bestätigen oder beflügeln. Wie auch immer, es macht ungeheuer Laune, den Berufsverweigerer und den mitunter urlaubsgestressten Faulenzer auf seinem Lebensweg zu begleiten. Schließlich ist es unser aller Weg. Ohne rosarote Brille versteht sich.
Und wir alle können etwas von ihm lernen. Warum nicht nach dem Urlaub einfach mal in Urlaub und danach in Urlaub fahren? Auch sein Getier kann uns ein Vorbild sein, denn immerhin besitzt Pynchon "im Lesen den schwarzen Gürtel". Und Brinkmann gibt uns den Rest an Erkenntnis, der uns all die Jahre gefehlt hat. Absurd ist das alles. Ein Zufall vielleicht? Er arbeitet gerade daran, diesen zu beweisen ...
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