Literatur

Das Leben ist zu kurz für diesen Scheiss
Easy ans Ziel kommen ohne Selbstoptimierung


von Lea Blumenthal


224 Seiten
© Knaur Verlag
www.droemer-knaur.de
ISBN 978-3-426-79181-3



So kann's gehen. Da vermutet der Rezensent ein Sachbuch der lockeren Art, womit ihm seine Erwartungshaltung mal wieder einen Streich gespielt hat. Ist aber nicht so schlimm, denn immerhin ist das Buch zu einem guten Teil "sachlich", aber auch (vielleicht) autobiografischer Natur und mit Romanfragmenten garniert. Schließlich wäre der sachbezogene Teil schnell geschildert.

Lea Blumenthal ist die Hauptfigur und heißt somit nicht besonders unähnlich wie die "Autorin", deren Name ein Pseudonym ist. Viele Bücher hat sie bereits unter mehr oder weniger originellen Phantasienamen veröffentlicht, und da der Rezensent nicht weiß, ob er ihren wirklichen Namen verraten darf, lässt er es einfach bleiben.

Wie gesagt ist schnell erklärt, um was es hier geht, denn im Prinzip verraten Haupt- und Untertitel beinahe alles. Also müssen ein paar Nebenrollen belegt werden, damit das Boot voll wird. Eine Art Story ebenfalls, die an einem Silvesterabend mit Lebensgefährte und Freunden beginnt. Jede/r nimmt sich für das neue Jahr etwas vor, und bei Nichteinhaltung sind nicht unerhebliche Konsequenzen fällig...

Lea hat sich schweren Herzens entschlossen, acht Kilo Körpergewicht innerhalb eines Jahres abzubauen. Das ist nicht unbedingt viel, aber für sie schon, denn was sie auch versucht, bleibt ohne Erfolg. Hauptgegner ist ihre Bequemlichkeit. Früher ging man vor der Arbeit in die Kirche, heute ist es das Fitnessstudio. Dafür fehlt Lea aber nicht nur Lust und Laune, sondern schlicht die Zeit.

"Ich empfinde Aufstehen als Körperverletzung, und damit meine ich alles vor 9 Uhr."

Zum Glück hat sie eine wahrhaft beste Freundin, die ihr mit Rat und Tat zur Seite steht. Tina ist Psychologin, trainiert für einen Halbmarathon, ist ansonsten aber ganz nett. Tinas verschiedene Ratschläge sind teilweise sogar recht brauchbar. Besonders die Aufklärung, dass erst mit dem Christentum der Müßiggang zur Sünde erklärt worden sei. Damit kann Lea etwas anfangen.

Also von wegen um vier Uhr aufstehen, wie es, laut belegten Studien, besonders erfolgreiche Menschen tun. Klappt eh nicht, denn es gibt ja die Snooze-Taste. Die Dauerbenutzung ist aber problematisch, da der Hormonhaushalt völlig durcheinander gerät, wenn die Schlafphasen andauernd unterbrochen werden. Was soll man auch machen, wenn man unter dem "Sternzeichen Faultier, Aszendent Couch" lebt.

Life-Coaches empfehlen ein "Visionboard", was nach dem Aufwachen das erste sein soll, was man sieht. Lea bastelt sich eins, um sich vorab ein Bild ihres

"neuen, gesunden, erfüllten und selbstbestimmten Lebens"

zu machen. Ob das funktioniert? Und was ist mit mehr Bewegung, gesunder Ernährung, Stressvermeidungsstrategien, Kalorienmathematik, und der ganzen Vielzahl von anglizismenverseuchten "To-dos" auf ellenlangen Selbstoptimierungslisten? Wird die "Vernunft" den Weg für ein "durchgetaktetes, freudloses, glutenfreies Leben" freigeben oder einen Aufnahmeantrag stellen für eine Mitgliedschaft im

"Club der Guten-Vorsätze-Verweigerer"?

"Das Leben ist zu kurz für diesen Scheiß" ist ein lustiger Ratgeber, in Storykulisse eingebettet, ideal für ein paar völlig entspannte Stunden auf dem Sofa, wobei es absolut nicht schlimm ist, das eine oder andere Schläfchen einzufügen. Man kommt ja sonst vor dem Schlafengehen nicht mehr dazu. Außerdem soll die Lektüre so richtig einwirken können und nicht zu schnell vorbei sein.

Das Leben ist zu kurz, um dieses Buch zu verpassen.

 

Thomas Lawall - Januar 2024

 

 

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