Literatur

Das Lächeln des Bösen

von Petra Busch


448 Seiten
© 2015 Knaur Taschenbuch
www.knaur.de
ISBN 978-3-426-51548-8



Obwohl Nina weiß, was hier geschehen ist, packt sie das nackte Grauen. Nichts war mehr in der alten Jugendstil-Villa wie es vorher war. Jedenfalls nicht in dieser Wohnung. Das erste, was ihr auffällt, ist dieser entsetzliche Geruch. Es riecht nach "Blutsuppe". Am liebsten würde sie weglaufen, wie damals in frühen Kindertagen, als Schlachttag im Dorf war, und sie vor den Schreien der Schweine flüchtete.

Ihre Schwester ist tot, daran kann sie nichts mehr ändern. Umso mehr graust sie die Vorstellung, was sich hier in ihren letzten Stunden und Minuten abgespielt hat. Kontakt hatten sie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr. Nina hatte Fraukes Entwicklung verpasst. Inzwischen war sie eine erfolgreiche Chirurgin. Seit jenem Vorfall zu Hause war es vorbei mit Geschwisterliebe. Nina ging schwierige, aber eigene Wege.

Jetzt sucht sie Fraukes Papiere in der freigegebenen Wohnung. Kurz zuvor hatte sie mit Kriminalhauptkommissar Wenner telefoniert. Der Fall Frauke Bach sei abgeschlossen, die Wohnung entsiegelt und die untersuchten Unterlagen zurückgebracht worden. Letztlich hatte die Toxikologie ebenfalls die Vermutung bestätigt, dass es sich zweifelsfrei um einen Selbstmord gehandelt hat.

Nina Bach glaubt weder dem Hauptkommissar noch dem zuständigen Gerichtsmediziner Emil Koswig, der ihrer Ansicht nach etwas übersehen hat. Selbstmord und die vorangegangene Selbstverstümmelung zeige nie und nimmer die Handschrift ihrer Schwester. Und sie findet einen Verbündeten.

Der Freund ihrer Schwester, offenbar mit einem Schlüssel ausgestattet, taucht plötzlich in der Wohnung auf. Der sehr viel jüngere Timo sorgt zunächst für Verwirrung und zeigt sich anschließend mit den für ihn völlig unerwarteten Ereignissen völlig überfordert. Eines jedoch kann er in dieser völlig verfahrenen Situation bestätigen. Frauke kann sich nicht selbst umgebracht haben ...

Und das wird, so oft es Petra Busch für notwendig hält, wiederholt. Erstaunlicherweise haben wir es zudem mit einem nahezu ahnungslosen Stefan Wenner zu tun, welcher in seiner Eigenschaft als Hauptkommissar eine völlig unglaubwürdige Ahnungslosigkeit und Inkompetenz spielen darf.
Wenn sich ähnelnde Fälle einfach zu den Akten gelegt werden, auch wenn die gerichtsmedizinischen Gutachten eine solche Vorgehensweise rechtfertigen, langweilen solche Vorgänge den Leser nicht nur, sondern ärgern ihn regelrecht.

Bis zur Hälfte Buches kann die Autorin noch eine atemlose Spannung erzeugen, die dann schnell und nachhaltig abflacht. Blutige Spezialeffekte sind eben nicht alles. Zu klein ist zudem der Personenkreis in diesem Kammerspiel der traumatisierten Seelen. Deshalb müssen die privaten Befindlichkeiten der Hauptfiguren auch ins Unendliche breitgewalzt werden.
Traumatische Kindheitserlebnisse sind wieder einmal an allem schuld, weshalb zum Beispiel auch die sich anbahnende Beziehung zwischen Nina Bach und Emil Koswig einfach nicht in die Gänge kommt. Das langweilt und ärgert dann schon lange nicht mehr: es nervt!

Leider die sehr durchsichtige und vorhersehbare Auflösung der schaurigen Fälle ebenfalls. Schnell ist auch die falsche Fährte erklärt. Was sich der zu unrecht Verdächtigte zu seinen merkwürdigen "Aktionen" einfallen lassen muss bzw. wie er diese rechtfertigt, ist dann eine wahrhaft hanebüchene Konstruktion.

Gar nicht so selten möchte man gerne wissen, wie es mit den Protagonisten weitergeht, wie sie ihr Leben in Zukunft gestalten und erleben. Im Fall von Nina Bach, insbesondere im Hinblick auf ihre merkwürdige berufliche Zielsetzung und die damit verbundenen Aufgaben, ist aber auch das ausgeschlossen.

 

Thomas Lawall - Mai 2015

 

 

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