Literatur

Dachschaden
Zwei Neurochirurginnen decken auf


von Marion Reddy & Iris Zachenhofer


176 Seiten
© 2014 edition a, Wien
www.edition-a.at
ISBN 978-3990011041



Ich weiß gar nicht, was die Kritiker alle haben. Also, jene, welche das Buch außerordentlich negativ beurteilt haben. Ich habe selten so gelacht und mich selten so gut unterhalten. Von Neurochirurgie habe ich zwar nicht die geringste Ahnung, aber ich lese und bespreche ja auch Kriminalromane und habe von polizeilichen Ermittlungsmethoden sowie von Mord und Totschlag keine Ahnung.

Schlauer bin ich aber schon geworden. Schließlich darf ich annehmen, von zwei Neurochirurginnen, welche sozusagen aus dem Nähkästchen plaudern können, bestens und vor allen Dingen neutral informiert zu werden. Deshalb weiß ich zum Beispiel jetzt, das es nur eine "Handvoll normale Neurochirurgen" gibt. Alle anderen scheinen ein bunter Haufen ziemlich schräger Typen zu sein.

Genau diese wollen uns die beiden Autorinnen vorstellen, und sie tun das auf eine gar nicht mal so unoriginelle Art und Weise. Gleich zu Beginn erfahren wir, dass das österreichische und deutsche Gesundheitssystem "ausgerastet" ist, da es ein "Spielzeug narzisstischer Wichtigtuer" ist.

Auf Partnersuche in neurochirurgischen Abteilungen sollte sich keine Frau verirren, denn Traummänner gib es dort keine. Eher so "Würstchen". Und sie geben sogar Auskunft über weitergehende anatomische Eigenschaften des angesprochenen Personenkreises, denn je größer der zu behandelnde Tumor, desto "kleiner der Penis".

Neurochirurgen haben zudem Persönlichkeitsstörungen, die allerdings offenbar benötigt werden, um einen Schädel zu öffnen, wenn ich das als Laie richtig verstehe. Und operiert wird am laufenden Band. In Urlaub fahren sie deshalb selten und wenn, dann äußerst ungern. Man erkennt sie im jeweiligen Urlaubsort sofort. Entweder ist es "der kleine Fette, der gerade aus dem Meer gezogen wird", oder ein Mann an der Bar, "blass und dünn", der wie ein "Tellerwäscher" aussieht.

Oberärzte werden auch gerne einmal als "Oberärsche" tituliert, und wer es einmal zum Chef gebracht hat ist nicht selten ein "ekliger Schleimer". Auch ein "möglichst großer Volltrottel" ist mitunter "die beste Wahl". Richtig lustig scheint es bei den Jahrestagungen der Neurochirurgen zuzugehen, denn dann kommen die "Zombies". Und zwar "aus allen Löchern".

Den Autorinnen ist zusätzlich anzurechnen, dass sie sich, sicher der Allgemeinverständlichkeit wegen, von der Bildungssprache verabschiedet haben und sich einer bunten Auswahl an Vulgarismen aus der Vulgärsprache bedienen. Das finde ich vorbildlich, denn somit werden ihre Texte auch auf den Schulhöfen von Haupt- und Sonderschulen verstanden.

Um auch diesem Personenkreis ansprechendes Vokabular zu bieten, machten sich die beiden Ärztinnen sogar die Mühe, entsprechende Formulierungen sowohl aus der deutschen als auch amerikanischen Vulgärsprache einzubinden. Man findet also neben Exkrementellem auch und vor allem die eher sexuell orientierten angelsächsischen Entsprechungen.

Fazit: Hammergeil. Krass. Voll unterhaltsam, echt jetzt. Aber mal unter uns: Das Buch ist doch eine Glosse, Ironie, Kabarett oder so etwas ähnliches. Gell? Oder? Ja klar, denn eine ebenso seriöse wie ernstzunehmende Fachkritik würde man ja gewiss ganz anders verpacken. "Meine fucking Güte."

 

Thomas Lawall - März 2015

 

 

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