Literatur

Christine Bernard.
Das Mädchen aus einer anderen Welt


von Michael E. Vieten


276 Seiten
© acabus Verlag, Hamburg 2020
www.acabus-verlag.de
ISBN 978-3-86282-739-8



Lina Ahlers behauptet, ein Wesen aus einer anderen Welt umgebracht zu haben. Ihre erste Vernehmung findet im Frauentrakt der JVA Zweibrücken statt. Kommissarin Christine Bernard und ihre neue Kollegin Rita Lange, die ihr als Praktikantin zur Seite steht, staunen nicht schlecht, denn so etwas hört man nicht alle Tage.

Eine derart hölzern vorgetragene Geschichte ebenfalls nicht. Man fährt hierhin, dann dorthin, steigt ein, dann wieder aus, fährt nach Hause oder wieder ins Präsidium, frühstückt gemeinsam, zieht eine Schutzweste an ... was typisch ist für diese linearen Geschichten, die mehr oder weniger einfach nur herunter erzählt werden.

Eine Charakterisierung der handelnden Personen bleibt aus. Die Figuren sind farblos, uninteressant, ohne jedes Profil, und somit lediglich notwendige Statisten im schmalen Handlungsgerüst. So etwas wie Spannung sucht man weitgehend ebenfalls vergeblich, weshalb der Klappentext nicht mehr als heiße Luft verspricht.

Ärgerlich sind holprige Formulierungen wie fassungsloses Kopfschütteln, erschütternde Feststellungen, traurige Blicke, die auf einen leeren Stuhl geworfen werden oder gar der peinliche "Hauch von einer Haaresbreite", welche nebenbei einen Blick auf die Qualität des Lektorats erlauben. Nicht wenige Textpassagen verleiten dazu, die Lektüre abzubrechen:

"Das Prasseln und Brausen und Donnern um sie herum war ohrenbetäubend. Blitze zuckten durch den Wald. Bald darauf donnerte es."

Eine gewisse Kursänderung in Sachen Spannung bahnt sich nach gut 100 Seiten in der Person eines besonderen Verdächtigen an. Auch die Handlung erfährt eine ebenso unangenehme wie völlig unerwartete Wendung. Auch einige, leider nur kurze, existenzielle Betrachtungen könnten positiv umstimmen, wenn die nachfolgenden Banalitäten nicht prompt wieder auf den Boden der Tatsachen zurückführen würden.

In einem Nachwort äußert sich der Autor zum Thema "Frauenhandel und sexuelle Ausbeutung in Deutschland". Was genau dies bedeuten soll, bleibt unklar. Etwa die Absicht, dem Roman durch Schilderung des "ernsten Hintergrundes" mehr Gewicht zu verleihen vielleicht? Aber selbst das wäre misslungen.

 

Thomas Lawall - Juni 2020

 

 

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