Blutroter Veltliner Ein Weinviertel-Krimi
von Peter C. Huber
288 Seiten © Haymon Taschenbuch, Innsbruck-Wien 2018 www.haymonverlag.at ISBN 978-3-7099-7900-6
"So ein schöner Körper, auch jetzt im Tod." Martina Lorenz bereitet sich auf das Unvermeidliche vor. Das, was jetzt kommen wird, würde alles zerstören. Sie nimmt sich deshalb alle Zeit der Welt. Musikalisch wird die gespenstige Szene, dem Anlass entsprechend, mit Beethovens Schicksalsmotiv durchaus angemessen untermalt.
Martina ist stolz auf ihre neue Stereoanlage, die ihre große Leidenschaft, laute klassische Musik, ihren hohen Erwartungen gemäß wiedergeben kann. Alsdann kann die Pathologin zu Werke gehen ...
... und was jetzt folgt, ist nicht nur eine zehnseitige Sektion, welche nicht die einzige bleiben wird, sondern auch ein markantes Beispiel dafür, mit welchen Mitteln und in welchem Stil Peter C. Huber seine Geschichte zu gestalten weiß. Durchaus drastisch, aber mit Stil!
Zu jenem gehört auch ein genauer Blick in das Grenzgebiet Österreichs und der Slowakei, sowohl der landschaftlichen als auch persönlichen Art. Land und Leute dieser ganz speziellen Region spielen eine große Rolle in diesem Roman. Fast eine zu große. Jedenfalls könnte man sich in der Gastfreundlichkeit der Menschen und der beschaulichen Gemütlichkeit der Kellergassen und ihrer zahlreichen Presshäuser verlieren.
An weiterem "Zubehör" hat der Autor Ausflüge in die Geschichtsbücher unternommen, die bis in die griechische Mythologie zurückführen. Wie diese in die aktuellen Befindlichkeiten der genannten Pathologin und deren Freund einfließen, ist alleine schon des Lesens wert. Reichlich Sinn für rabenschwarzen Humor muss von Leserinnen und Lesern aber im Übermaß vorausgesetzt werden!
Etwas Arbeit macht die Lektüre aber schon, denn der regionale Dialekt spielt ebenfalls eine größere Rolle. Das mag den einen oder anderen stören, in diesem Fall muss jedoch gesagt werden, dass die Stimmung eine völlig andere wäre, wenn man Sätze wie "Du depperte Funzn, du, wos glaubstn eigendlich, wer du bist? Wüst mi vaoaschn?" ins Hochdeutsche übersetzen würde.
Auf höchstem Niveau spielt sich die Auswahl an musikalischen Elementen ab, welche die unterschiedlichsten, teils schon erwähnten, Situationen untermalen und unterstreichen dürfen. Egal, ob es sich nun um das "Ave Maria" der Desdemona aus Verdis Othello handelt, Purcells "Dido and Aeneas", Kompositionen des Südtiroler Musikers und Komponisten Herbert Pixner oder ein Lied von Reinhard Mey.
Erlesen ist auch die Auswahl an Nachhilfestunden in Allgemeinbildung. Wir lernen endlich, was eine "Fleckerlsteppdecken" oder ein "Bauchschiefloch" ist, erfreuen uns an einem berühmten Torberg-Zitat, was eine "Köllastund" mit "seelischer Beheimatung" zu tun hat, erfahren Erstaunliches über die Erdölförderung im Weinviertel oder bestaunen die Aufgaben eines "Kadaver-Verjüngers".
Zur Haupthandlung könnte man Folgendes ausführen: Ja, es gibt sie. Und wie! Vielleicht sogar mehrere. Wie es sich jedoch damit genau verhält, kann der geneigte Krimigenießer gerne selbst herausfinden. So viel vielleicht: Es geht ebenso unterhaltsam wie ordentlich zur Sache.
Fazit: Intelligenter Kriminalroman mit einer Menge Extras und eine Liebeserklärung an das Weinviertel sowieso.
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