Biberbrugg
von Silvia Götschi
350 Seiten © Emons Verlag GmbH www.emons-verlag.de ISBN 978-3-7408-2315-3
Der Prolog verheißt nichts Gutes. Ein Unbekannter wird von einer ebenso unbekannten Bedrohung heimgesucht. Undefinierbar wie der Ort, an dem er sich befindet...
Fasnacht in Einsiedeln, so wie sie in der Schweiz üblicherweise zelebriert wird. Es ist "Güdelmontag" und allenthalben macht man sich für die "Sühudiumzüge" bereit. Besucher freuen sich auf das Spektakel und die Aktiven sowieso. Doch einige wissen noch gar nicht, was auf sie zukommen wird.
So auch Valérie Lehmann von der Kantonspolizei Schwyz. Den Tag hatte sie sich völlig anders vorgestellt, zumal sie mit ihren 51 Jahren ihre Tauglichkeit für den Einsatz "an der Front" ernsthaft in Zweifel zieht. Seit acht Monaten ist sie Großmutter "Mémé". Auch ihr Enkelkind Sophie scheint ihr Leben allmählich zu verändern.
Und doch holt sie die Realität ein, denn in Einsiedeln wurde die Leiche einer Frau gefunden, die jetzt das ganze Programm auf den Kopf stellt. Der ungünstige Zeitpunkt wird nur noch durch die rätselhaften Umstände ihres Todes, den ganz und gar ungewöhnlichen Fundort ihrer Leiche sowie der Frage, wie und warum sie überhaupt an diesen Ort gelangen konnte, übertroffen.
Silvia Götschi geht es langsam an, von dem unheimlichen Prolog einmal abgesehen. Nach und nach baut sie ein Szenario auf, das sich nicht in die gewohnten Bahnen einer Mordermittlung entwickelt. Die Geschichte verzweigt sich auf mehrere Ebenen, so als ob es sich um grundverschiedene handeln würde.
Valéries Sohn lässt sie beispielsweise in zwei vermeintlich unabhängigen Handlungssträngen agieren, was seine Ausbildung in der Interkantonalen Polizeischule gefährden könnte. Aber da die Federführung hierbei sein Mentor "Hubi" übernimmt, kann ja eigentlich nichts schiefgehen...
Die verschiedenen Ebenen führt die Autorin wohldosiert zunächst nebeneinander, bis sich Erkenntnisse und Konsequenzen gegenseitig hochschaukeln. Schade nur, dass sie den anfänglichen Schwung nicht halten kann. Gebremst werden die lodernden Flammen auch immer wieder durch mehr oder weniger ausführliche Schilderungen privater Befindlichkeiten der Hauptdarstellerin Valérie.
Das wirkt mitunter sehr störend, insbesondere zahlreiche Wiederholungen, und zieht die Handlung unnötig in die Länge. Dieser Kniff, der in aller Regel zur Steigerung des Spannungsbogens eingesetzt wird, will einfach nicht funktionieren, vor allem, wenn bei jeder Vorstellung der Nebendarsteller/innen ebenfalls ein Schwenk in deren Privatleben zur Regel wird.
Man möchte in einem Kriminalroman in der Hauptsache die Lösung eines Verbrechens verfolgen, aber wenn private Probleme immer wieder die Oberhand gewinnen, gewinnt man den Eindruck, sich in einem anderen Genre zu befinden, und möchte gerne die eine oder andere Passage überspringen, bis es endlich weitergeht.
Das heißt wiederum nicht, dass es sich hier nur um magere Krimikost handelt, auch wenn die Spannungskurve den einen oder anderen Wunsch offen lässt. So dümpelt denn auch die Auflösung leider vor sich hin und auch das unspektakuläre Ende wirkt einfach zu mager, wenn auch routiniert herunter erzählt. Dem im Grunde spektakulären Fall hätte etwas mehr Nachdruck und erzählerische Tiefe gut gestanden.
|