Berlinopoly
von Bernd Hettlage
284 Seiten © 2022 Gmeiner-Verlag GmbH www.gmeiner-verlag.de ISBN 978-3-8392-0105-3
Eigentlich ein Trauerspiel, was sich in Berlin und anderswo abspielt. Ein für allemal scheint "das Konzept der lebenslangen Mietwohnung" vorbei zu sein. Allenthalben liefern (nicht nur) Renovierungen und Modernisierungen gute Gründe, die Mieten explodieren zu lassen.
Auch in den Kiezen der Stadt findet ein radikaler Generationenwechsel statt. Die Alten verschwinden mehr und mehr, weil sie sterben oder sich die Mieten nicht mehr leisten können. Mit ihnen verschwinden Geschäfte und jene Spelunken, wie man sie früher kannte. Sie weichen den angesagten Szenekneipen, die mit der "räudigen Eckkneipe mit verwitterten Altberlinern am Tresen" nichts mehr zu tun haben.
Mitten in diesem Milieu trifft es einen Hausverwalter, der von einem Gerüst in den Tod stürzt. Gründe, die keinen natürlichen Tod vermuten lassen, gibt es nicht wenige, und im Laufe der Ermittlungen werden es immer mehr.
Jan Keppler, Besitzer eines Trödelladens in der unmittelbaren Nachbarschaft, spielt alsbald eine tragende Rolle, indem er den zuständigen Behörden, denen man nicht traut, den Rang abläuft. Tatkräftige Unterstützung erhält er von seinem langjährigen Freund Gerry Schmitz, Journalist und freier Autor. Die beiden hatten sich bereits mit der Aufklärung des Mordes an Baustadtrat Peter Lassner in "Neuköllner Wut" einen Namen gemacht.
Auf einer im "Nebenan" stattfindenden Hausversammlung erhalten die beiden nun den "offiziellen" Auftrag, die Ermittlungen im aktuellen Fall selbst in die Hand zu nehmen bzw. sich "ein bisschen umzuhören". Die heruntergekommene Kneipe, die in einer ehemaligen Metzgerei untergekommen war, bildete den Rahmen der Veranstaltung, die etwa von der hälftigen Mieterschaft besucht wird.
Die Befragung derselben gestaltet sich in der Praxis dann eher etwas spröde und langatmig. Immerhin gelingt es dem Autor, hin und wieder und so ganz nebenbei einige Verdachtsmomente aufblitzen zu lassen. Worauf das hinausläuft, dürfte also spannend werden, endet aber keinesfalls in einem Herzschlagfinale. Auch hier bleibt Bernd Hettlage eher sachlich, und legt mit Andeutungen sowie einer kleinen Schlusspointe Indizien, die auf eine weitere Fortsetzung mit dem unkonventionellen Ermittlerduo Keppler/Schmitz hoffen lassen.
Immerhin stellt uns Bernd Hettlage interessante Charaktere vor, die ebenso betroffen machen wie die Machenschaften rund um die jedes Jahr um zehn Prozent steigenden Immobilienpreise in Berlin. Fast noch schlimmer gestalten sich gesellschaftliche Abgründe, beispielsweise jene, von denen Faris Khoury zu berichten weiß. Als gebürtiger Berliner muss er den Tatsachen ins Auge sehen, denn jemand mit seinem Namen wird "nie als Deutscher angesehen...".
Der Autor bietet rund um die Figur des Trödelladenbesitzers Jan Keppler interessante Einblicke in die Sammlerszene. Sehr kritisch betrachtet er die Immobilienbranche und spart nicht mit Seitenhieben in die Politik, auch an die Adresse der zuständigen Damen und Herren gerichtet, die er für die entsprechenden Rahmenbedingungen in der Verantwortung sieht.
"Berlinopoly" ist also ein Kriminalroman mit vielen Facetten. In seiner Gesamtwirkung, insbesondere für Wohnungssuchende mit schmalem Geldbeutel, eher keine gute Werbung für diese Stadt. Gott sei Dank ist es nur ein Roman. Also alles nur erfunden ...
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