Literatur

Am Leben sein
Gedichte & Collagen


von Peter Frömmig


88 Seiten
© gONZoverlag GmbH 2012
www.gONZoverlag.de
ISBN: 978-3-9814439-2-9



Über die Problematik, Gedichte und Collagen in Einklang zu bringen, habe ich bis heute nicht nachgedacht. Es fehlte einfach der Anlass. Mit "Am Leben sein" hat sich das geändert. Für immer! Auf den ersten Blick rückt da etwas zusammen, was nicht zusammengehört. Jedenfalls bis es einer gewagt hat, dem entgegenzutreten. Peter Frömmig macht das so gut, dass der zweite Blick des Betrachters das Neue bereits als Selbstverständlichkeit registriert. Passt prima zusammen. Hab ich ja schon immer gesagt!

Es ist ein Kunststück, so etwas zu erreichen. Doch eigentlich naheliegend. Die Collage erschafft ein neues Ganzes, neue Sichtweisen, Eindrücke und Erkenntnisse, indem sie mitunter gänzlich verschiedene Elemente darstellt oder aufzählt. Ein Sammelsurium von Bilderfetzen lassen ein neues Bild entstehen.

Ähnlich im Gedicht. Wenn man so will. Gedanken ziehen vorüber, manchmal klar, manchmal im Nebel und manchmal sind sie nur eine Ahnung. Wenn sie sich ordnen und sortieren, können neue Gedanken entstehen. Sie halten sich einen Spiegel vor oder lassen Flügel wachsen. Manchmal erfinden sie sich einfach neu. Wie auch immer. Es entsteht ein ganz anderes Bild. Es kann aus Schmerzen bestehen, Wut oder Trauer und manchmal sogar aus Glück ...

Jetzt ist mir glatt die Einleitung davongelaufen. Einfach so. Ist mir das peinlich. Wie stehe ich denn jetzt da? Ganz anders wollte ich anfangen. Wo bin ich? Schon im Hauptteil etwa?

Ich wollte doch mit den Erinnerungen beginnen, einer Bilderflut, entstanden aus "Memories" und "Alte Fotos" (eine von vielen Bilderfluten übrigens). Da sind sie wieder, die längst vergessenen Jugendtage. Als wir um die Häuser zogen, "so jung und so glücklich missraten". Wie wir nach den Sternen griffen und nicht wussten, was Zukunft bedeutet. Den Sand noch in den Augen vom Schlaf an vermüllten Stränden.

Aus den Erinnerungen wachsen neue Bilder. Wir sahen sie damals nicht. Erst heute auf den alten Fotos. Gerne denkt man zurück, den Kummer längst vergessen. Steinige Wege sind heute bezwungen, Tränen längst getrocknet. Doch Moment, hätten wir vielleicht andere Berge bezwingen sollen? Waren wir auf dem richtigen Weg oder haben wir uns verlaufen? Wie auch immer, damals konnten wir es nicht sehen, und es war auch egal, denn "auf alten Fotos ist noch viel Zeit".

Tragisch-komische Ambivalenzen enstehen in "Tropfen". Wohin sie fallen, und was dann passsiert, weiß vorher niemand so genau. Mit der Liebe ist es ähnlich. "Love Song" bestätigt dies. Wir kennen diese Strophen. Auch die der Reue. Sie kommt immer. Auf sie ist Verlass. Doch manchmal ist sie spät dran. Das ist dann das, "Was nachhängt".

Es ist gut, dass niemand weiß, woher wir manchmal Hoffnung nehmen. Die verrücktesten Begründungen suchen und finden wir. Antworten sind es aber nicht wirklich. Peter Frömmig hat eine bessere Idee:

"Den Ahnungen fehlen die Worte,
Sie genügen sich selbst."

Das sind Worte, die bleiben! Man kann in ihnen versinken oder sie einfach rasch einpacken und mit auf den Weg nehmen. Grundlegend sind sie und doch von einer Leichtigkeit, die das Herz schneller schlagen lässt, Augen öffnet und die Ohren anstiftet, den ganzen Lärm aus dem Kopf zu verbannen, um wieder den unverfälschten Klang des Lebens hören und spüren zu können. Was für ein wunderbares Buch!

Mit "Am Leben sein" schenkt uns Peter Frömmig nicht nur Bilder aus Worten und Collagen (eingebunden in das kongeniale Layout von Miriam Spies) sondern auch Botschaften und noch viel mehr. Eine davon: Weshalb das Tragische nicht durch ein launiges Augenzwinkern erheitern? Was bleibt uns übrig? Aufgeben ist nicht. Schon deshalb darf ein Aufruf an einen Sänger, der auch als allumfassender Aufruf an alle Zweifler verstanden werden kann, nicht fehlen:

"Über alle großen Versuche
Und alles grandiose Misslingen
Wären noch Lieder zu singen."

Genau das werde ich jetzt tun. Ich bin dann mal weg. Nicht mehr da. Denn jetzt will ich noch ein wenig um jene Häuser ziehen ...

 

Thomas Lawall - April 2012

 

 

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