Literatur

Am Fuß des Kamels
Geschichten & Zwischengeschichten


von Klaus Merz


128 Seiten
Haymon Taschenbuch, Innsbruck-Wien 2010
© 1994 Haymon Verlag, Innsbruck-Wien
www.haymonverlag.at/haymontb
ISBN 978-3-85218-825-6



"Walters Tier ist jetzt kein Nilpferd mehr, es ist ein grünes Krokodil." Es duftet betörend nach Moschus. Ein Regenpfeifer sucht Futter auf dem Rückenpanzer. Das Ungetüm gibt das verbliebene Bein des Missionars frei. Walter beerdigt in Gestalt seines Bruders Josef das Bein seines Vorgängers ...! Walter ist krank. "Im Schläfengebiet." Er kämpft mit sich, seinem Leben und der Epilepsie. Seine Frau Miriam hat ihn verlassen. Und er erinnert sich an Ruth ... Das knapp zwanzigseitige Lebenskonzentrat erschüttert und wühlt auf.

Was nicht bedeutet, dass ein "Lokaltermin" auf einer einzigen Seite nicht ebenfalls berühren kann. Die Momentaufnahme in einem kleinen Gasthaus ist zudem mühelos auf eine beliebige Restauration übertragbar und kommt uns nicht zuletzt deswegen sehr bekannt vor.

Eine abenteuerliche Perspektive wagt Klaus Merz in seinen Betrachtungen über ein Fieberthermometer. "Der fiebernde Holländer" kommt mit einem leichten Augenzwinkern daher. Schön, dass unseren Erinnerungen die Relativität der jeweiligen Temperaturen noch sehr geläufig ist, denn es war sehr wohl ein Unterschied, ob ein Schulausflug oder eine Mathematikarbeit angesagt war!

Es muss auch erlaubt sein, über "Hydranten" einmal ein paar Wort zu verlieren. Schließlich fristen sie ein unbeachtetes Dasein, welches im krassen Gegensatz zu ihrem Nutzen für die Allgemeinheit steht. Ganz anders in "Sichtwechsel", wo uns eine handfeste Familientragödie mit wenigen Worten zutiefst bewegt.

Dies Buch ähnelt meinem Leben. Und dem Leben eines jeden anderen. In gewisser Weise. Viel gab es mir zum Lesen. Hausaufgaben scheinbar. Wenig habe ich verstanden. Doch es ist nicht von Belang. Schließlich bedeutet letztendlich nichts wirklich etwas. Aber ich nehme trotzdem etwas mit. Etwas, was wichtiger ist als Verstehen ...

"Aus den Kalendern blättert die Zeit." Der Autor spürt, fühlt und schreibt diese für uns auf. Seine Bücher sind voll mit Worten. Andere sind voll mit Buchstaben. Der Unterschied ist immens. Klaus Merz lehrt uns das Leben lesen. Ich empfinde das als Geschenk.

 

Thomas Lawall - Januar 2011

 

 

 

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