Alien Earths Auf der Suche nach neuen Planeten und außerirdischem Leben
von Lisa Kaltenegger
300 Seiten © 2024 by Lisa Kaltenegger © 2024 der deutschsprachigen Ausgabe Droemer Verlag www.droemer-knaur.de ISBN 978-3-426-28424-7
Der reißerische Titel weckt einerseits Neugier, andererseits klingeln ein paar Alarmglocken des Zweifels. Letztere sollten sich am Ende bestätigen, was jedoch nicht unbedingt ein Hinderungsgrund ist, dieses Buch zu lesen. Zumindest was einen bestimmten Kreis von Leserinnen und Lesern betrifft.
Eigentlich werden die im Klappentext genannten Fragen bereits auf den ersten Seiten beantwortet. Möglicherweise sind wir tatsächlich allein, denn bisher wurden "keine eindeutigen Beweise für Leben auf anderen Planeten gefunden". Jedenfalls keine seriösen und wissenschaftlich fundierten.
Dennoch hält es Lisa Kaltenegger, welche inzwischen als international führende Expertin "in der Modellierung potenziell lebensfreundlicher Exoplaneten" gilt, nicht davon ab, als Professorin an der Cornell University (USA) das Carl Sagan Institute zu gründen, welches sie als Gründungsdirektorin leitet.
Mit ihrem interdisziplinären Team aus Wissenschaftler/inne/n aus aller Welt beschäftigt sie sich hauptsächlich mit der Suche nach Lebenszeichen auf jenen Planeten, die seit 1995 in immer größerer Zahl entdeckt wurden. Das Ende ist nicht abzusehen, zumal die Suche ja "gerade erst" begonnen hat.
Wie dies geschieht, ist eine ihrer Erfindungen und hier wird es, nach längeren theoretischen Ausführungen, richtig spannend. Da Planeten kein eigenes Licht aussenden, beschränkt sich die Suche zunächst auf Sterne, die sie möglicherweise umrunden. Besonderes Augenmerk gilt jenen Sonnen, welche "wackeln". Das ist sehr verdächtig ...
Die entdeckten Planeten, es sind inzwischen 5000, auf gewaltige Entfernungen zu untersuchen ist kaum möglich, aber mittels "Lichtfingerabdrücken" lassen sich genauere Rückschlüsse ermitteln. Noch günstiger ist es, wenn sich der Exoplanet in der "habitablen Zone" befindet, jenem bewohnbaren Bereich um einen Zentralstern. Wie das funktioniert, erklärt die Astronomin in einigermaßen verständlichen Worten, wobei sie den einen oder anderen unterhaltsamen Teil mit einfügt. Manche ihrer Berichte haben viel mit Kaffee und Espresso zu tun, andere mit den guten Ratschlägen hochrangiger Kollegen in der Vergangenheit, die ihr angeraten haben, ihr "unsinniges Forschungsthema aufzugeben. Sie berichtet auch von ihrer Stellung als Frau in der Wissenschaft, für die, man höre und staune, auch in diesen Kreisen besondere Hürden zu überwinden sind.
Schließlich informiert und unterhält sie gleichermaßen mit erstaunlichen Fakten rund um den Weltraum und seine Unbegreiflichkeiten, und dies mit durchaus sensationellen Zahlen oder Beispielen, die sie auf halbwegs begreifbare Vergleiche reduziert. Beispielsweise ist das die Sache mit den 50.000 Blauwalen oder dem Teelöffel voll Milliarden Tonnen schwerem Material...
"Alien Earths" wird Experten auf dem Gebiet der Astronomie mit Sicherheit langweilen, da ihnen die Autorin vielleicht nichts neues erzählen wird. Nun sind wir aber bei weitem nicht alle Expertinnen und Experten, weshalb das Buch für diesen Personenkreis einen ganz anderen Stellenwert haben dürfte. Allein die Erkenntnis, mit wie vielen Sonnen wir es in unserer Galaxie, der Milchstraße, zu tun haben, ist schon erstaunlich genug.
Die 200 Milliarden Sonnen sind letztlich eine kaum vorstellbare Größe, und wenn man bedenkt, dass die Anzahl der Galaxien ebenfalls in die Milliarden geht, entzieht sich diese Tatsache erst recht unserem Vorstellungsvermögen. Die gewaltigen Entfernungen sind auf der Suche nach Leben aber nicht das einzige Problem. Es ist die Zeit.
Würde ein außerirdisches Wesen in 500.000 Lichtjahren Entfernung UNS entdecken, würde er, sie oder es keineswegs unsere Gegenwart sehen, sondern die Erde, wie sie vor 500.000 Jahren ausgesehen hat. Toll, ein Planet in der habitablen Zone, aber von einer Zivilisation keine Spur. Also uninteressant. Vielleicht irgendwann einmal ...
Dieses Problem wird in "Alien Earths" leider nur am Rande erwähnt. Denn immerhin könnte man ja, oder ein Laie wie der Rezensent einer ist, vermuten, dass wir uns womöglich um Millionen von Jahren verpassen. Die daraus resultierende Aussichtslosigkeit des Unternehmens ist Lisa Kaltenegger mit Sicherheit ein Begriff.
Trotzdem sucht sie unermüdlich weiter. Denn immerhin könnte es ja sein, dass wir eben DOCH nicht alleine sind.
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