Literatur

African Boogie

von Helmut Barz


382 Seiten
© Sutton Verlag, 2011
www.sutton-belletristik.de
www.helmut-barz.info
ISBN 978-3-86680-749-5



Katharina Klein ist davon überzeugt, dass es funktionieren könnte. Ihre Flucht beginnt. Sie findet einen alten Badeanzug, ein Geschenk von ihrem ersten Partner und Ausbilder. Das Päckchen ist unangetastet und noch mit Geschenkband verschnürt. Zehn Jahre ist das jetzt her, und nun dient das Päckchen als Anregung für ihren Fluchtplan ...

Die zur Kriminaldirektorin beförderte Polizistin wird von zwei Bodyguards und vier LKA-Beamten in ihre Wohnung begleitet. Sie muss untertauchen, denn ein Killer ist ihr auf den Fersen. Und es ist nicht irgend jemand, der auf sie angesetzt wurde. Felipe de Vega, ein südamerikanischer Drogenboss, hat einen der besten Killer der Welt engagiert. "Ministro", der "Problemlöser", macht keine Gefangenen. Die Rache wird perfekt sein, denn niemand darf es wagen, seinen Sohn Miguel de Vega zu erschiessen. Katharina Klein aber hat es gewagt!

Gut, dass sie Freunde hat. Gute und zuverlässige Freunde. Einer von ihnen ist ihr Patenonkel Antonio Kurz, der in Frankfurt das Regiment über einige Bordelle führt sowie das Glücksspiel kontrolliert. Sie fragt ihn, ob er ihr zwei seiner Mädchen für ein geplantes Ablenkungsmanöver zur Verfügung stellen könnte. Einzige Bedingung: Sie sollten ihr in etwa ähnlich sehen. Für Antonio ist das natürlich kein Problem und so organisiert er gleich noch einen unauffälligen Fluchtwagen für Katharina.

Die heiße Phase beginnt, als Antonio mit den beiden Damen in Katharinas Wohnung auftaucht. Die Aktion wird gestartet, indem man zwei Gruppen bildet. Die erste Gruppe begibt sich recht auffällig und mit dem ersten Mädchen an Bord in einen bereitstehenden Wagen. Die zweite Gruppe startet 15 Minuten später mit dem anderen Mädchen in Antonios Limousine. Beide Gruppen werden prompt verfolgt ... und Katharina kann sich in aller Ruhe durch den Keller in ein Nachbarhaus schleichen und sich mit dem im dortigen Hinterhof abgestellten Wagen auf und davon machen.

Nach einem Wechsel in die U-Bahn erreicht sie den Flughafen und entschließt sich beim Besuch einer Last-Minute-Flugbörse spontan für eine Reise auf eine Insel vor der Küste Tansanias. Ein absoluter Geheimtipp, wie ihr die Dame im Ladengeschäft versichert. "Mafia Island" - ein Tropenparadies. Sechs Wochen im Fünf-Sterne-Resort "Golden Rock" sollten genügen, bis sich die Wogen wieder glätten. Große Hoffnung setzt Katharina in die Aussagen ihres Chefs Polanski, sie solle untertauchen, bis jener seltsame Mann, der bei den Gesprächen anwesend war und pausenlos Eukalyptuspastillen lutschte, die Angelegenheit geklärt hätte. Sogar neue Papiere hat sie bekommen. Katharina Klein ist nun als "Zoë Yamamoto", Halbjapanerin und Geschäftsfrau nach Afrika unterwegs ...

Wir befinden uns noch ganz am Anfang des Romans und der Klappentext verrät insofern bereits mehr, als sich weitere Probleme ankündigen, ja eigentlich in Afrika erst so richtig beginnen. Wird ihre Flucht gelingen, wird der Auftragskiller ihre Spur verlieren, und wird Katharina ihre privaten Probleme lösen können ...?

Der zweite Band der Krimireihe um die Frankfurter Kriminaldirektorin Katharina Klein gestaltet sich von Beginn an sehr anspruchsvoll und scheint direkt an die Ereignisse des ersten Bandes "WestEnd Blues", den ich zum weiteren Verständnis der Vorgeschichte gelegentlich lesen sollte, anzuknüpfen. Die verschachtelte Erzählstruktur gewährt aber dank diverser Rückblenden Licht in dunkle vergangene Tage, sodass der Spannungsbogen letztendlich nicht unter der Last unbekannter Details leiden muss. Ganz im Gegenteil, denn Helmut Barz versteht es dadurch, Spannung und Niveau gleichermaßen hochzuhalten.

Gleichwohl ist die Fülle und der Detailreichtum sicher nicht aller Leser Sache, denn einen ebenso geradlinig wie langweilig konstruierten Massenkrimi dürfen wir in "African Boogie" nicht erwarten. Hier darf es gerne etwas mehr sein. Es faszinieren nicht nur die komplexe Handlung, sondern auch die Fülle an Haupt- und Nebendarstellern sowie eine ganze Reihe von Randfiguren und Komparsen. Die wichtigsten Personen sind erfreulicherweise in einem Glossar versammelt, wobei die dem Roman vorangestellte Liste bereits unmissverständlich klarmacht, dass sich der Roman selbst nicht ganz ernst nimmt.

Man findet hier nicht nur einen Arzt, der vor sich selbst auf der Flucht ist, oder einen Architekten, der verrückt nach Brücken ist, sondern auch blond gelockte Schönheiten, einen Chauffeur mit Rechtsanwaltszulassung sowie ein "selbstloses Warzenschwein". Die humoristischen Einlagen im Personenregister sind jedoch nur ein kleiner Vorgeschmack dessen, was uns im Buch erwartet. Hin und wieder darf schon einmal herzlich gelacht werden, was aber nicht bedeutet, dass einem, was die geschilderten Verbrechen betrifft, nicht das Lachen im Halse stecken bleibt. Licht und Schatten halten sich die Waage!

Wohin Katharina Klein auch flüchten mag, das Chaos reist mit!

 

Thomas Lawall - Juli 2011

 

 

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