Film

HIGHWAY 61

Kanada 1991
Regie: Bruce McDonald
Darsteller: Don McKellar, Valerie Buhagiar, Earl Pastko

Skurriles Road-Movie


Der naive Pokey (Don McKellar - der auch das Drehbuch schrieb) hat von seinem Vater einen schäbigen Herren-Frisörladen geerbt. Sein größter Traum ist eine Karriere als Trompeter. Aus seinem miefigen Heimatort Pickerell kam er nie hinaus, auch wenn er manchmal all seine Sachen packt, und das Auto - ebenfalls vom Vater geerbt - in der Garage anlässt. Dabei bleibt es aber immer. Bis alles anders wird...

Eines Tages, als er Hundefutter hinaus bringt, entdeckt er in der Badewanne im Garten (!) einen leblosen Freak. Pokey schafft ihn ins Haus, weil er zunächst die Sachlage falsch einschätzt. Mit einem Fön will er deshalb retten, was nicht mehr zu retten ist...

Leben kommt in die Bude, als die Heavy-Metal-Braut Jackie auftaucht. Zum ersten Mal frisiert er eine Frau und das nicht mal schlecht. Zwischendurch wird über Musik diskutiert:
Jackie: "Das Problem an der Trompete ist, egal wie gut du bist, es klingt immer nach Jazz."
(Brüll! Die Metal-Tussi hat natürlich null Ahnung, dass es auch so was wie Bach-Kantaten gibt!).
Aus dem blonden Groupie zaubert er eine rothaarige Schlampe und das ist gut so. Denn die Dame ist auf der Flucht und will nicht erkannt werden. Dieses Problem ist also gelöst. Doch wohin mit dem geklauten Rauschgift? Jackie hat eine Idee. Sie gibt den Toten als ihren Bruder aus, und versteckt den Stoff in der Leiche. Genauer gesagt mittels Schlauch in der Speiseröhre.

Die schräge Story nimmt ihren Lauf. Per Anhalter will sie nun nach New Orleans trampen. Samt Sarg! Das klappt natürlich nicht. Denn erstens ist es von Kanada aus ziemlich weit, und zweitens sieht das verdammt Scheiße aus, wenn du mit einem Sarg am Straßenrand stehst. Aber Pokey bietet Hilfe an. Und so kommt es, dass er zum ersten Mal das Auto aus der Garage fährt. Sarg oben draufgeschnallt und schon geht es los.

An der Grenze gibt es Probleme. Die Beamten suchen Stoff. Ausgerechnet in der Trompete (die eigentlich ein Kornett ist). Nachdem die bürokratischen Hürden genommen sind, kann es weitergehen. Beinahe beiläufig gibt es kurz vor der Weiterfahrt noch eine amtliche Frage bezüglich der Leiche auf dem Dach. "Ist der tot?" "Ja." "Besser für ihn - Willkommen in Amerika."

Auch im weiteren Verlauf gibt es immer wieder Dialoge, die auf eine besondere Art und Weise auffallend unspektakulär wirken. Scheinbar urkomisch, aber dennoch bleibt einem das Lachen im Halse stecken.

Jackie: "Willst Du mit mir schlafen?" Pokey: "Nein, es geht mir gut."

Äh... Ja. Es geht also weiter auf dem Highway 61. Wie sich das für ein Road-Movie gehört, trifft man unterwegs auf jede Menge skurriler Zeitgenossen. Da ist der Kerl, der seine Frau verlassen hat und in einem Bus mit seinen drei kleinen Töchtern unterwegs ist. Oder die schwule Ledertunte, die Pokey unter Lebensgefahr rasieren darf. Oder die Dorfgemeinde, die in der Kirche Bingo spielt, während Jackie (!) den armen Pokey mit vorgehaltener Knarre auf dem Friedhof zum Beischlaf zwingt (obwohl es ihm doch "gut" geht...). Einfach göttlich!

Ach ja, und da wäre noch Luzifer persönlich. Er zieht durch die Lande und kauft Seelen. Und er lässt sich nicht mal lumpen. Er verspricht seinen künftigen Opfern Karriere, Grundbesitz und massig Geld, wenn sie ihm nach dem einstigen Ableben ihre Seele versprechen. Dies wird auch vertraglich - rot auf weiß - besiegelt. Und dann macht er noch ein Polaroid-Foto. Da seine Opfer aber allesamt Vollidioten sind, begnügen sie sich meist mit ein Paar Dollars oder verlangen gar nur eine Flasche Bier...

Tragisch komisch der passende Dialog: "... und nach Deinem Tod habe ICH allein die Macht über Deine Seele." "Und dafür gibst Du mir 20 Dollar? Wo ist der Haken?"

Es gibt in diesem Film keine Gewinner. Hauptdarsteller, Nebenfiguren, ja selbst die großen Rockstars sind alle gleichermaßen am Ende: Pokey kann die Trompete gar nicht spielen. Der Teufel ist ein Psychopath, der seine Wohnung mit den Fotos seines künftigen Seelen-Besitzes von oben bis unten tapeziert hat. Und Jackies millionenschwere Freunde in Memphis vegetieren in ihrer Riesen-Villa auf ihrem Erfolg dahin. Einzig Abwechslung scheint noch kurz vor dem Abendessen aufzukommen. Denn die Gäste müssen sich das Essen selbst schießen! Der langhaarige Butler kommt mit einem Hühnerkäfig daher und lässt die Tierchen im Wohnzimmer frei. Waidmanns Heil...

Fazit: Roter Faden ist der amerikanische Traum vom Showbiz. Der Film stellt viele Fragen, aber er lässt alle offen. So endet der Streifen auch mit einem Achselzucken von Jackie, während der Sarg in Richtung Golf von Mexico einer ungewissen Zukunft entgegentreibt...

... genauso wie der Zuschauer! Geiler Film. Zum Heulen lustig!

 

Thomas Lawall - Februar 2002 (Überarbeitet im November 2004)

 

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