CD-Review

DEMONS SEED  "Dawn of a new world" (2006)

NW-ohne-BH-Metal


Was uns nach dem fulminösen 5-Track-Brettvorleger "watch the demon arise" (2004) nunmehr auf den Teppich knallt, habe ich nicht unbedingt soooo erwartet. Klar, dass die flotten Saarländer mit ihrem ersten (und letzten) Demo einen Volltreffer auf die Rille zauberten. Selten habe ich eine derart schweinegeile Eigenproduktion vernommen. Die Erwartungen waren also dementsprechend hoch... aber diese wurden ausnahmslos erfüllt, ja sogar weit übertroffen!

Wurden die Songs ehemals mit der Kohlenschippe aus den Schalltürmen geschaufelt, hat man sich nunmehr entschlossen, dieselben mit dem Schaufelbagger abzuladen! Da bleibt also jetzt echt kein Auge mehr trocken... und alte Fensterscheiben werden bei korrektem Pegel schnell aus der Fassung springen!

Zehn Dampfzylinder bekommen wir geboten. Darunter fünf alte Bekannte, die allesamt auf dem Demo vertreten waren. Sie haben zwar keinesfalls ihre Seele verloren - trotzdem bekommen wir gleich mit dem Opener "Demons Seed" ordentlich eins auf die Fresse! Soundtechnisch hat man sich nämlich in ein anderes Universum begeben! Jetzt werden keine Gefangenen mehr gemacht. Das Demo war ja schon reichlich fett organisiert und verdübelt, aber nun wird mit Vorschlaghämmern geworfen!

Die Krawallmatte überzeugt auf der Stelle und so bleibt das auch bis zum letzten Track "Return Of The Seed". OK, damit ist alles gesagt. Auf Wiedersehen. Halt, eins noch...

Das hat Schmackes, da spürt und hört man Leib und Seele der Musikanten und den unglaublichen Spaß an der Sache. Logischerweise verlassen DEMONS SEED ihre Schiene mit dem ersten Longplayer nicht. Im Gegentum. Ebenso rotzfrech wie 100% überzeugend lassen sie ihrer Verehrung für den sog. NWoBHM der 80er Jahre schlicht und einfach freien Lauf. Und das spürt man in jeder Sekunde!

Abgekupfert wird rein gar nix, und deshalb sind Ähnlichkeiten rein zufällig. Mein Sohn Daniel (22) meint, da wäre was von MANOWAR geklaut! Pfffhuuaaahaha, was'n Blödsinn! Richtig ist vielmehr, dass IRON MAIDEN reichlich bei DEMOS SEED abgekupfert haben...! Aber was soll's - mein Gott, 'ne Gitarre klingt halt wie 'ne Gitarre, gell? Was? Öhm... ja... jedenfalls dürften selbst hartgesottene Unkenrufer schnellstens bemerken, dass die Falscheider Kurkapelle genug eigene Ideen entwickelt... und diese galoppieren von einem Song zum anderen! Die Präzison der Zusammenarbeit tut ein Übriges. Ja, das macht einfach Laune, verdammt nochmal!

Der Opener "Demons Seed" stellt umgehend klar, wo der Beton-Innenrüttler hängt! Heavy-Metal, der absolut "True" rüberkommt? So ungefähr... und nicht nur das. Denn neben der ureigenen Duftmarke fahren DEMONS SEED noch ganz andere Schmankerl auf. "Judgement Day" bricht ohne Vorwarnung in doomige Kellergruften ab und diese Überraschung ist mehr als gelungen. (Mehr davon bitte!) Die nächste folgt auf dem Fuße, denn alsbald gibt es eine Portion Akustisch-Gediegenes an gestrichenem Keyboard. Ebenso edel wie ebenfalls unerwartet.
"The Gorgon" bringt uns auf den Boden der (musikalischen) Tatsachen zurück. Leider müssen wir erfahren, dass uns bald die Tussi mit den Schlangen auf der Mütze in die Falle locken wird. Mist, aber wenn's soooo heavy rüberkommt, dann rennt man doch gerne mit in den Abgrund. "Mankind will fall"! Eigentlich schade, aber eh klar...
Wer bereits über einen Herzschrittmacher verfügt, wird die anschließende Ballade "Every Second" gerne als Stühlchen zur Erholung annehmen. Zeilchen wie "Now you're gone" usw. usw. haben wir zwar schon oft an anderer Stelle vernommen, die Band versteht es aber, das altbekannte Liebesleid ebenso glaubwürdig wie eindringlich zu formulieren. Eine Phantasie ist das keinesfalls... aber wer kennt das Problem nicht?! Ab und zu macht man(n) halt den falschen Tuschkasten an! Der Abschied tut trotzdem weh...!
Track 7 "Soldiers" explodiert nicht nur vor lauter Spielfreude, sondern kommt ebenfalls etwas vom Kurs ab. Flötengedöns beendet das Drama am Ende mit Unterstützung einer Keyboardphantasie. Solche Schmankerln bilden aber die absolute Ausnahme, und sind in ihrer Funktion allenfalls oscarreife Nebenrollen...!

Das ausgesprochen markante Organ von Sangesfürst Paul Bellman führt die Band souverän als Hauptdarsteller, könnte man meinen. Doch wer ganzheitlich hört, begreift umgehend, dass hier insgesamt fünf Hauptrollen vergeben wurden! Dieses brandneue "Alt"-Metal ist einfach von anderer Gnaden!
Dennoch scheint mir Pauls gesangliche Leistung in "When Darkness Falls" einen gewissen Höhepunkt zu bilden, welcher allerdings in Subtraktion zur Addition der Wurzel aus dem Quadrat der vorangegangenen Leistungen aller Protagonisten diametral in Anrechnung gebracht werden sollte und muss. Zusätzlich wird allerspätestens hier klar, dass ein gewisser Mister Halford derartige Höhen nur noch in seinen schlimmsten Alpträumen erklimmen kann (oder wenn ihm 'ne Harley über den Fuß fahren sollte...).

Das geniale 16-seitige Booklet, welches komplett von Drummer Oliver Jungmann entworfen wurde, darf nicht unerwähnt bleiben. Der flotte Cover-Käfer macht einen recht beunruhigenden Eindruck, denn wir alle kennen uns ja in den Zeichnungsmustern aus. Die Ordnung der Deckflügler bzw. Koleopteren (Coleoptera) kann mit über 350.000 bekannten Arten aufwarten, aber ein solches Muster auf dem Hautpanzer kommt in keiner Art vor. Jedenfalls nicht auf unserem Planeten! Eine gewisse Ähnlichkeit besteht zweifelsohne zur Familie der Schwarzkäfer (Tenebrionidae) bzw. Kolbenwasserkäfer (Hydrophilidae), jedoch sind Auge, Labrum, Mandibel, Maxillarpalpus sowie Labialpalpus völlig anders ausgebildet und geben somit Rätsel auf. Von der Band aber sicherlich beabsichtigt, denn man hat sich ganz offensichtlich sehr intensiv mit der angewandten Entomologie beschäftigt und auseinandergesetzt.
Die Idee der Dramatik: Ein Käfer infiziert sämtliche Lebensadern der Pflanzen mit seinen Fühlern. Krass! Das sehr eindringlich gestaltete Cover- bzw. Booklet-Konzept ist jedoch nicht ohne weiteres auf den Inhalt der CD übertragbar. Hier steht die Musik im Vordergrund...

Wie dem auch sei: Kerzengerade Mucke, punktgenaues Songwriting, druckvollster Sound... und eine Band, die sich innerhalb kürzester Zeit mit sich selbst multipliziert hat! Das überlebt kein Kesseldruckmesser!

OK, damit ist endgültig alles gesagt. Auf Wiedersehen. Halt, eins noch...



Fazit: Vorsätzliche Vollbedienung! Bester Song sind ALLE!! Das ist keine Platte, das ist ein Gerät!!!

 

Bewertung: 12/12

Thomas Lawall - Mai 2006

 

 

Tracklist:

01. Demons Seed
02. Call Of The Wolf
03. Judgement Day
04. The Gorgon
05. Every Second
06. Preacher Of Wrath
07. Soldiers
08. When Darkness Falls
09. Hell Dogs
10. Return Of The Seed

Line-Up:

Paul Bellmann: Vocals
Thomas Dörr: Lead Guitars
Michael Dörr: Guitars
Oliver Jungmann: Drums
Jochen Theis: Bass

 

 

 

 

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